Tee-volution in Japan: Vom Mönchsgetränk zur Massenware!

Die erste Phase der Teeindustrie, von 750 bis 1250, begann mit der Entdeckung des Tees durch japanische Mönche in China. Diese brachten die Pflanze nach Japan, wo sie in Klöstern angebaut und zunächst als Heilmittel genutzt wurde. Neben den Mönchen konsumierte auch die Aristokratie Tee, der zunehmend als wertvolles Geschenk galt. Diese Tee-Geschenk-Ökonomie förderte den Austausch zwischen Mönchen, Aristokraten, Kriegern und Produzenten in Japan, China und Korea und belebte nebenher die künstlerische Produktion. Immer mehr Künste nahmen Tee als Thema in ihr Repertoire auf. Bis zum 13. Jahrhundert etablierte sich die Region Toganoo bei Kyoto als führendes Anbaugebiet, und Tee wurde immer öfter als Handelsgut besteuert.


Die zweite Phase, von 1300 bis 1600, war geprägt von der Ausweitung des Teeanbaus in ganz Japan, unterstützt durch den Import von Stecklingen und Produktionsmethoden aus dem China der Song-Dynastie. Steinmühlen und Bambusbesen verbesserten die Verarbeitung, was zu einem Anstieg des Teekonsums führte. Teeläden etablierten sich, und Tee wurde fest in den Handel integriert. Bauern arbeiteten vermehrt unter harten Bedingungen der Klöster-Ökonomie, während das Abkochen von Teewasser unbewusst die Gesundheit verbesserte. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts begann Tee, sich in der breiten Bevölkerung zu etablieren. Die Region Uji entwickelte im frühen 16. Jahrhundert neue Anbaumethoden, was zur Produktion von Tencha führte, und der Teeabsatz im Binnenmarkt wuchs rasant. Tee galt jedoch noch als etwas Fremdes und Chinesisches, was sich auch in der Kunst widerspiegelte. Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts begannen die ersten Spuren einer „Indigenisierung“ des Tees. Als auch der ärmste Japaner Zugang zu einer Tasse Tee hatte, war das Getränk kulturell in Japan angekommen.


Die Edo-Zeit brachte die Erfindung von Sencha durch Nagatani Yoshihiro 1740, wodurch Tee fest in der japanischen Kultur verankert wurde. Überall in Japan wurde Tee angebaut und in jeder Stadt florierten Teehäuser als sozialer und kultureller Treffpunkt. Tee war ein Symbol japanischer Identität geworden. 1824 begannen allerdings Konflikte zwischen Teebauern und Händlern, da viele Bauern unter extremen unmenschlichen Bedingungen arbeiteten und kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten. Bis zur Öffnung Japans durch die US-Navy drei Dekaden später dauerten diese Konflikte an.
Die moderne Ära beginnt 1858 als sich die Produktion nach amerikanischen und europäischen Vorlieben ausrichtete und die Exporte wichtiger wurden als der Binnenkonsum. Der Teeanbau verlagerte sich in flachere, leichter zu erntende Gebiete. Tee wurde als Zeichen japanischer Geselligkeit und Gastfreundschaft betrachtet (inter)-national geachtet. Nach dem Ersten Weltkrieg sanken sowohl Export als auch Inlandsverbrauch, weshalb Werbung notwendig wurde, um an das traditionelle Getränk zu erinnern. Ein Post-Bestell-System erleichterte den Teekauf. Japan konnte jedoch nicht mit der Mechanisierung der britische-kolonialen Schwarzteeproduktion auf großen Plantagen mithalten und verlor an Wettbewerbsfähigkeit. Bis in die 1970er trank Japan rund 100.000 Tonnen Tee, bevor Schnellkaffee in den 1980ern den Teekonsum verdrängte. Erst in den 1990ern erholte sich der Teemarkt, insbesondere durch fertige Teegetränke in Supermärkten und Automaten.

Neben der historischen Entwicklung betont der Autor die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Teekonsums in Japan. Die Einführung von Tee im 16. Jahrhundert führte zu einem Rückgang der Sterberate und einer Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge. Auch das Abkochen des Teewassers spielte eine Rolle bei der Verbesserung der kollektiven Gesundheit. Tee beeinflusste nicht nur den Alltag, sondern auch die Arbeitsmoral und trug zu den wirtschaftlichen Ertragssteigerungen bei. Trotz dieser positiven Effekte sieht der Autor die Industrialisierung und den massenhaften Verkauf von Tee, insbesondere in Form von PET-Flaschen, kritisch. Für ihn war die Edo-Zeit der Höhepunkt der japanischen Teekultur, in der Vielfalt und dass Wohl der Bevölkerung im Vordergrund standen, nicht der kapitalistische Profit.

Mehr: A Bowl for a Coin – A Commodity History of Japanese Tea, William Wayne Farris, 2019

Naturgewalten im Teeland: Krankheiten, Schädlinge und Wälder in Assams Teeindustrie

Die Teeindustrie in Assam, einer der wichtigsten Regionen für die weltweite Teeproduktion, war im 19. und frühen 20. Jahrhundert von verschiedenen Faktoren geprägt, die weit über die weitgehend bekannten wirtschaftlichen und sozialen Aspekte hinausgingen. Krankheiten, Schädlinge und die Verwaltung der Wälder spielten ebenfalls eine zentrale Rolle in der Entwicklung und den Herausforderungen der Teeplantagen in dieser Region.

Die verheerenden Auswirkungen von Krankheiten wie Cholera, Malaria und Schwarzwasserfieber auf die Teearbeiter waren zwar von großer Bedeutung – fanden aber wenig historiographische Beachtung. Die schlechten Lebensbedingungen, die mangelnde medizinische Versorgung und das oft fehlende Verständnis der wissenschaftlichen Grundlagen dieser Krankheiten verschärften die Situation erheblich. Cholera und Malaria wurden durch schlechte Hygiene und das Vorhandensein von stagnierendem Wasser begünstigt, was in den sumpfigen Gebieten Assams, in denen die Plantagen oft lagen, weit verbreitet war. Schwarzwasserfieber, eine besonders schwere Form der Malaria die durch einen Parasiten verursacht wird, stellte eine zusätzliche Gefahr dar. Trotz des Wissens um diese Risiken unternahmen die Pflanzer wenig, um die Situation zu verbessern. Die medizinische Versorgung der Arbeiter war rudimentär, und oft wurde die Schuld für die Krankheitsausbrüche auf die Arbeiter selbst oder auf „klimatische Bedingungen“ geschoben, anstatt auf die unzureichenden sanitären Einrichtungen und Arbeitsbedingungen. Die Kolonialverwaltung erließ zwar Gesetze zur Verbesserung der Hygiene und Gesundheit in den Plantagen, doch diese wurden von den Pflanzern häufig ignoriert oder nur oberflächlich umgesetzt, um die Kosten niedrig zu halten. So blieben Krankheiten eine konstante Bedrohung, die die Arbeitskraft der Plantagenarbeiter schwächte und die Produktion beeinträchtigte.

Neben den Krankheiten stellten auch Schädlinge eine erhebliche Herausforderung für die Teeplantagen dar. Die Pflanzenkrankheiten und Schädlinge, die die Teeblätter und -pflanzen angriffen, waren oft hartnäckig und schwer zu kontrollieren. Besonders problematisch waren Zikaden, Milben und Blattrost. Die westliche Wissenschaft, auf die sich die Kolonialverwaltung stützte, war häufig nicht in der Lage, wirksame Lösungen für diese Probleme zu finden. Stattdessen entwickelten die Pflanzer oft eigene Methoden zur Bekämpfung der Schädlinge, indem sie sich auf lokale Kenntnisse und improvisierte Techniken stützten. Ihre Experimente erwiesen sich oft als effektiver als die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den britischen Akademien, die in der Praxis in Assam nur begrenzt anwendbar waren. Um die wirtschaftliche Stabilität der Plantagen zu erhalten musste die Pathogene nicht nur bekämpft werden, sondern es mussten effektive Präventions- und Kontrollmaßnahmen durchgeführt werden. Dies war in der abgelegenen und oft schlecht verwalteten Region Assam schwer umzusetzen. Die Pflanzer sahen sich hier erneut mit der Herausforderung konfrontiert, zwischen dem Schutz ihrer Pflanzen und der Minimierung der Kosten zu jonglieren, was zu oft zu suboptimalen Lösungen führte.

Die Rolle der Wälder und des Forstamtes in Assam war ebenfalls von großer Bedeutung für die Teeindustrie. Die Wälder waren sowohl eine wichtige Ressource als auch ein zentrales Thema in den Konflikten zwischen kurzfristigen und nachhaltigen wirtschaftlichen Interessen. Die Wälder wurden für die Teeplantagen gerodet, da sie u.a. als Brennstoffquelle und Baumaterial unverzichtbar waren. Gleichzeitig erkannte die Kolonialverwaltung die Bedeutung der Wälder für eine finanziell nachhaltige Forstwirtschaft. Das Forstamt versuchte die Wälder vor übermäßiger Abholzung zu schützen und gleichzeitig den Bedarf der Teeplantagen an Holz und anderen Ressourcen zu decken. Dieser Balanceakt führte zu ständigen Spannungen mit den Pflanzern und der Konflikt zwischen Erhaltung und Ausbeutung spiegelte die größeren Spannungen wider, die die gesamte Teeindustrie in Assam prägten, und verdeutlichte die Schwierigkeiten, wirtschaftliche Interessen mit ökologischer Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen.

Diese drei Faktoren – Krankheiten, Schädlinge und Wälder – beeinflussten nicht nur die Entwicklung der Teeindustrie in Assam, sondern prägten auch die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Strukturen, die diese Industrie trugen. Die Geschichte der Teeplantagen in Assam ist somit nicht nur eine Geschichte von wirtschaftlichem Erfolg und imperialer Ausbeutung, sondern auch eine Geschichte von Krankheit, ökologischem Wandel und den ständigen Versuchen, eine fragile Balance zwischen Mensch und Natur zu finden[1].


[1] Für die das gesamte Wissen hierzu: Arnab Dey: Tea Environments and Plantation Culture – Imperial Disarray in Eastern India

Wie das aufgeklärte Europa den sanften Drogen verfiel

Im Zeitalter der Aufklärung fand Europa zu einem Lebensstil der die neuen Drogen Tabak, Kaffee, Kakao und Tee in den Mittelpunkt stellte. Die Europäisierung dieser Produkte inkludierte den Konsum, die Produktion, die Verteilung sowie die Konstruktion anerkannter medizinischer und ideologischer Meistererzählungen über deren Verwendung. Die neuen Waren ersetzten nicht nur lokale Produkte, sondern förderten eine Transformation der Beziehung von Europäern zur pflanzlichen Welt.
Seriosität und Nüchternheit als wirkmächtige gesellschaftliche Ideologien beförderten die Verbreitung der neuen Produkte in Europa.
Obwohl die neuen Drogen um die Wende zum 17. Jh. in Europa bekannt waren, setzten sie sich erst ab der zweiten Jahrhunderthälfte durch. Das Wichtigste war in dieser Zeit für die Europäer die Kontrolle über den Anbau und Handel zu erlangen. Während man bei Kakao und Tabak schnell diese Ziele erreichte, war man bei Kaffee und bei Tee noch länger auf die nicht-europäischen Produzenten angewiesen. Erst 1658 konnte Kaffee von den Niederländern auf Ceylon angebaut werden und wurde erstmals 1712 in Europa verkauft. Danach gelang die Etablierung auf Surinam und Java recht schnell. Frankreich gelangte schließlich über die Niederlande in Besitz der Kaffeepflanze und baute diesen auf seinen Kolonien Martinique, Cayenne und Réunion an. England baute es erst ab den 1770er Jahren auf Jamaika an. Auf europäischen Tee musste man noch 100 Jahre länger warten. Durch die europäische Kontrolle von Anbau und Handel der neuen Drogen und dem massiven Einsatz von Sklavenarbeit gelang es diese exotischen Luxusgüter und Genussmittel immer günstiger anzubieten und damit den Konsumentenkreis stetig zu erhöhen.
Man übernahm zuerst die Trinkgewohnheiten der Ursprungsländer bis man sie seinen lokalen Vorlieben anpasste. Besonders das Süßen mit Zucker spielte, seitdem dieser auf karibischen Sklavenplantage angebaut wurde, eine wichtige Rolle bei der Europäisierung des Konsums. Ferner gab es eine jahrhundertelange Debatte über die medizinische und gesellschaftliche Rolle und Wirkung der neuen Drogen. Ähnlich wie die Getränke an sich imitierte man auch das soziale Gefüge was in den Ursprungsländern um die Getränke herum aufgebaut worden war. Ein zentraler Ort war das Kaffeehaus in dem alle drei Getränke konsumiert worden. Eine bürgerliche Männlichkeit die Seriosität, Respekt und Zielrichtigkeit ausstrahlte wurde übernommen.
Das Aufkommen dieser neuen kulturellen Trinkgewohnheiten sollte freilich die Frage aufwerfen, was sie eigentlich ersetzten. Heiße Getränke kannte man nur als Kräuteraufgüsse. Diese waren reine Medizin und kein Genussmittel. Aus dieser Denktradition wurden auch die neuen Heißgetränke erstmal unter medizinischen Aspekten diskutiert. Neben der Heilwirkung ging es auch darum die betäubende Wirkung von Opium oder Cannabis zu kontern. Der Humorallehre folgend beachtete man lange Zeit die Wirkungen der neuen Heißgetränke auf die Körpersäfte, Durst und Hunger der Konsumenten.
Mit der Entdeckung exotischer Pflanzen verlor die volkskundliche Medizin an Bedeutung. Es war nun moderner exotische Pflanzen zu konsumieren als lokale Alternativen. Freilich sorgten Urbanisierung und das Entstehen von Ziergärten anstelle des funktionalem Anbaus für eine weitere Entfremdung der lokalen Kräuterkunde. Es wurden aber nicht nur Kräuter verdrängt – auch Alkohol geriet unter Druck. Während man jahrhundertelang mit Bier getränkten Getreidebrei frühstückte konsumierte man seit der Mitte des 18. Jh. eher festes Brot zum Tee, Kaffee oder Kakao.

Mehr: Excitantia: or, how enlightenment Europe took to soft drugs; Jordan Goodman; 2007; Routledge

Joseph Banks: Der Spiritus rector des indischen Teeanbaus

Banks (1743-1820) studierte in Eton und Oxford Naturwissenschaften mit dem Schwerpunkt Botanik. Kurz nach seinem Abschluss gehörte er als einer der reichsten Söhne Englands zu den Finanziers von James Cooks erster Reise. Banks selbst reiste nach Labrador und Neufundland, um neue Tier- und Pflanzenarten zu erforschen. Die zweite Reise von James Cook (1768-1771), jetzt in den Süd-Pazifik, führte er als wissenschaftlicher Leiter. Mit seinem Team sammelte er Belege für Hunderte neuer Arten und Gattungen aus Flora und Fauna. Für seine Zeitgenossen war Cook nur der Schiffsführer und Banks der Star der Expedition. I

n den 1770er Jahren unternahm er weitere Forschungsreisen nach Tahiti, Neuseeland, Australien und Brasilien. Wenn er zwischenzeitlich in London war, warb er Gelder für den botanischen Garten in Kew ein und ließ diesen so zum „Royal Botanical Garden“ werden. Aus dem gesamten Empire sendeten (Hobby-)Botaniker Pflanzenproben nach Kew, um hier untersuchen zu lassen, wo im Empire welche Pflanze den höchsten Profit erwirtschaften könnte. Somit positionierte sich Banks ins Zentrum des Empire Dreiecks aus Forschung, Politik und Landwirtschaft. Manifestiert wurde dies 1778 durch seine Ernennung zum Präsidenten der Royal Society. Bis zu seinem Tod leitete er die Gesellschaft, welche Wissenschaftler im gesamten Empire förderte und koordinierte. Die wichtigsten europäischen Universitäten ernannten ihn zum Ehrendoktor und nahmen ihn in ihre wissenschaftlichen Akademien auf.  

Zusammen mit Francis Baring (Direktor der EIC) und Lord Hawkesbury (Präsident der britischen Handelskammer) eruierte Banks schon in den 1780er Jahren inwiefern Tee im Empire angebaut werden könnte. Neben Indien hatte man die karibischen Inseln im Blick, da dort schon die notwendige Sklavenpopulation existierte. Wenn es darum ging „orientalische“ Pflanzen in das Empire zu bringen, war Banks mit seinem Netzwerk aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft der wichtigste Ansprechpartner. Ziel war immer den teuren Import zu beenden und selbst mit Sklaven ohne Rücksicht auf Indigene eine billige Produktion im Empire zu etablieren. Zimt, Nelken, Muskatnuss, Seide, Karmin und Tee waren seine Lieblingsprojekte. Die Etablierung von botanischen Gärten in Indien um bspw. mit Teeanbau zu experimentieren wurde von ihm jahrzehntelang gefördert. Neben der Beschaffung von Pflanzen, was oft illegal geschah, war auch der sichere Transport ins Empire ein Problem. Banks organisierte für einige Schiffe die Ausstattung mit Glaskabinen, sodass diese in einer Art Terrarium verschifft werden konnten. Das Wardsche Gefäß war freilich noch nicht erfunden. Immer wieder erreichten ihn Informationen über chinesischen Teeanbau und Produktion. 1788 verfasste er einen Plan um Tee in Indien mit chinesischen Pflanzen zu produzieren. Aufgrund des noch existierenden Handelsmonopols der EIC mit China fand er aber kaum finanzielle Unterstützung. Vier Jahre später setzte er durch, dass die diplomatische MacCartney Mission nach Peking auch Informationen über Tee sammeln sollte. Sowohl für Banks als auch den englischen Staat war die Reise aber ein Fiasko.  Als 1816 eine kartographische Expedition China erfassen wollte, finanzierte es Banks mit dem Hinweis, auch nach Tee Ausschau zu halten. Da es in Korsika, Süd-Frankreich und Rio de Janero Erfolge beim Anbau der Teepflanze gab, erlebte Banks noch die Antwort auf seine Frage, ob Tee außerhalb von China existieren könne. Nach seinem Tod 1820 offerierte die Royal Society zwei Goldmedaillen für den Mann, der das Teeprojekt ihres ehemaligen Präsidenten Banks vollenden würde. 1840 erhielt Bruce diesen Preis.

Da Banks über Jahrzehnte im kolonial-wissenschaftlichen System für Teeanbau in Indien warb, ist es unsicher ob oder in welcher Form es ohne ihn eine englische Teeindustrie in Indien gegeben hätte. Vorwürfe, dass er das Leid von Millionen von Indigenen in Kauf nahm für den billigen Anbau von Cash Crops sind sicherlich richtig. Aber das gesamte Empire basierte auf der Ausbeutung der Peripherie und somit ist Banks weder besser noch schlechter gewesen als Millionen seiner englischen Zeitgenossen.

Mehr:
Patrick O’Brian: Joseph Banks. A Life, University of Chicago Press, 1997

London in den Fängen der Madam Gin

Obwohl Tee seit dem 17. Jahrhundert in England bekannt war, verfielen Londoner zu Beginn des 18. Jahrhunderts dem hochprozentigen Gin. Der kollektive Rausch, die Gin-Manie, begann 1689 als der Niederländer Wilhelm III. den englischen Thron bestieg. In Holland war Genever (Malzwein, Wacholder, Kräuter und Gewürze) seit langem beliebt. Je enger die Kontakte mit England wurden, desto mehr schwappte er über den Ärmelkanal und wurde hier kurz Gin genannt.

Als der neue König 1690 die Destillation von Alkohol aus Getreide legalisierte, gab er unbeabsichtigt den Startschuss zur Londoner Gin-Sucht. Wilhelm III. wollte eine heimische Alternative für Brandy ermöglichen, da durch seinen Krieg mit Frankreich dessen Importe entfielen. Ferner wollte er es Bauern ermöglichen ihre überschüssige Weizenproduktion an Destillerien zu verkaufen. Die rund 600.000 Londoner betranken sich aber immer mehr, sodass um 1720 etwa 10 Mio. Liter in ihren Kehlen versickerten. Viele Londoner waren bettelarm und versuchten im Rausch ihrem trostlosen Alltag zu entfliehen. Die englischen Brennereien mischten puren Alkohol mit Wasser, Terpentin, Schwefelsäure, Mandeln, Branntkalk, Rosenwasser und Alaun. War das Wässerchen zu sehr verdünnt (unter 40 %), schärfte man mit Pfeffer und Ingwer nach. Ein neues Phänomen der Gin-Manie war die öffentliche Trunkenheit von Frauen. Überall wurde Gin von fliegenden Händlern verkauft, in jeder Taverne ausgeschenkt und selbst kleine Gemüsehändler wurden zu Drogendealern. Der Adel beklagte grade wegen der „Madame Generva“ den Sittenverfall und machte Alkohol für die sozialen Missstände verantwortlich. Aber die größten Trunkenbolde waren die Reichen selbst, die sich seit eh und je betranken, da ja das Gesinde für sie arbeitete. Die Unterschicht eiferte nur den adeligen Vorbildern nach. Weil Frauen auch Gin verkauften und so ihre wirtschaftliche Selbstständigkeit erwarben, schrillten bei der Oberschicht die Alarmglocken. Frauen drohten sich aus dem zugedachten Platz in der Gesellschaft zu lösen und so schimmerte der Zivilisationszerfall am bürgerlichen Horizont. Überdies beobachtete man erstmals, dass die Kinder der trunksüchtigen „Mother Gins“ eine hohe Quote an Fehlbildungen hatten. Nicht, dass die reichen Herren sich um die Betreuung der behinderten Kinder der Unterschicht sorgten, aber wer sollte nun die Kriege des Königs führen und auf den Schiffen der reichen Händler arbeiten?
1736 versuchte der Staat gesetzlich den Konsum einzuschränken. Aber die angedachten hohen Gebühren trieben die Gin-Industrie in die Illegalität und dort blühte sie noch stärker auf.

Als 1748, nach dem Erbfolgekrieg mit Österreich, 30.000 Soldaten in London demobilisiert wurden, zogen diese wochenlang betrunken durch die Stadt und ließen jeden selbernannten sittsamen Bürger um sein Leben fürchten. Wenig später wurde letztlich ein Gesetz verabschiedet, dass geringe Lizenzgebühren beim Ausschank erhob, die Brennereien besteuerte und die Kontrollmöglichkeiten verbesserte. Überdies fielen die Ernten um 1750 geringer aus als noch zu Beginn von Wilhelms Herrschaft, sodass kaum noch Getreide zum Brennen zur Verfügung stand. Aufgeschreckt durch diese Gin-Manie priesen immer mehr Mediziner und Pastoren die Vorteile des Tees.  

Mehr:
Patrick Dillon: Gin. The Much Lamented Death Of Madam Geneva – The 18th Century Gin Craze, London, 2020.

Die EIC als Drogenhändler

Bis 1664 erlaubte China den Engländern nur einen sporadischen Handel, um sie für voriges Fehlverhalten (Kapitän Weddell 1637) zu strafen. Tee wurde erst nach der englischen Steuersenkung von 1747 zum dominanten Handelsgut. Durch den Zucker der karibischen Sklavenplantagen fand in der englischen Teetasse also die perfekte imperiale Symbiose aus Asien- und Atlantikhandel statt.

Der auf Kanton, einer weit von Beijing entfernten Stadt, beschränkte Handel musste von der EIC hingenommen werden, da die englischen Segelschiffe noch keine Gefahr für die Landmacht China waren. Da die Verwaltung und militärische Kontrolle von „Indien“ zu teuer war, konnte man den China-Handel nicht durch Steuern finanzieren. In ersten Phase waren 90 Prozent des Handelsvolumens Silber, die restlichen 10 Prozent Baumwolle, indisches Sandelholz, Pfeffer und Elfenbeinzähne.

Als die Kosten des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges zu hoch wurden, hatte England kein Silber mehr für den Teeeinkauf über und entschied sich den Opiumhandel in Asien zu steigern. Um nun einen Handel auf Augenhöhe durchzusetzen, war Lord Macartney 1792-94 in China. Aber für die Qing war er weiterhin nur ein kulturloser Barbar und damit scheiterte die Mission. Er sah aber das China enorm rückständig und damit leicht zu besiegen war. Die Kriege der Französischen Revolution lenkten England dann aber für Jahrzehnte von China ab. Die EIC setzte währenddessen immer mehr Opium um und hatte ebenso das Produktions-, Auktions- und Lizensierungsmonopol im Opiumhandel. Die EIC setzte ihre Armee auch ein um Konkurrenz im Opiumanbau zu vernichten. Anfang des 19. Jh. konnte der Opiumhandel den Einkauf von Tee zur Gänze finanzieren und ohne Opium hätte England sich seinen hohen Teekonsum nicht mehr leisten können.

Bis in die 1830er Jahre war die EIC noch Monopolist. Aber sie war sie zu groß und unübersichtlich geworden und auf allen Stufen blühte Selbstbereicherung. Händler wie William Jardine und James Matheson, die sich weder um chinesische noch englische (un)-geschriebene Gesetze kümmerten, stießen die EIC vom Thron und wurden zu den größten Drogendealern der Weltgeschichte ohne das ihre Firma heute irgendwas von diesen Anfängen wissen möchte.
Während die EIC im Handel verlor, versuchten die Qing durch den Sondergesandten Lin England zur Einstellung des illegalen Handels zu zwingen. Aber England scherte sich nicht um die Unrechtmäßigkeit seines Handels und sah die Antwort Lins, 20.000 Opiumkisten zu vernichten, als Angriff auf die britische Ehre. England entfesselten den Opiumkrieg (1839-42) und das unterlegene China musste sich mit der Öffnung von Häfen und hohen Reparationszahlungen beugen. Überdies wurde der Opiumimport nun noch weiter gesteigert und die offenen Häfen erlaubten es dem Flora-Piraten Fortune den größten Wissensdiebstahl der Menschheitsgeschichte, das Geheimnis von Teeanbau und Produktion zu rauben, durchzuführen.
Mit dem Zweitem-Opium Krieg (1856-60) wollte England das vom Taiping Bürgerkrieg geschwächte China unterwerfen. Aber der Aufstand der indischen Sapoy band viele der eigentlich nach China gesendeten Soldaten, sodass China noch so grade überlebte. Mit der Plünderung des Sommerpalastes und dem Niederbrennen der kaiserlichen Bibliothek vernichtete England das kulturhistorische Erbe tausender Jahre alter chinesischer Kultur. Man war sich auch nicht zu schade den entführten Pekinesen für Queen Victoria „Looty“, also „geklaut“ zu nennen.

Mehr:
Nick Robins: The Corporation that changed the word. How the East India Company shaped the Modern Multinational, 2012

Tee: Heilsbringer oder Gift. 200 Jahre Streit

Seit Jahrhunderten war Alkohol die Basis des britischen Durststillens. Durch den geringen Alkoholgehalt gab es keine großen gesellschaftlichen und gesundheitlichen Probleme. Im 18. Jh. kamen hochprozentige Getränke in Mode. Aber eine betrunkene (Land)-Arbeiterschaft erwirtschaftete für die Oberschicht keinen Profit. Ein Grund Alternativen zu propagieren.

Im gesamten 18. und 19. Jh. diskutierte die englische Ober- und Mittelschicht, ob Tee für die Unterschicht ein angemessenes Getränk sei. Neben medizinischen und sozialen Argumenten wurden auch religiöse Faktoren diskutiert. Mediziner waren der Ansicht, dass u.a. die Temperatur der Körpersäfte für Krankheiten verantwortlich sei. Heiße Getränke könnten hier folglich schädigend wirken. Eine Betrachtungsweise war, dass Bibelfiguren, die nie heiße Getränke zu sich nahmen, uralt wurden. Ferner ist es ja in der Hölle sehr heiß und heißer Tee könnte so höllische Wirkungen haben.


Medizinischen Ansichten flossen widerstandslos in die Theologie. Hier war der Priester und Gründer der Methodisten John Wesley einer der prominentesten Vertreter. 1748 plädierte er für eine Abstinenz von allen Getränken, die den Geist beeinflussen. Er selbst sei durch Tee an nervösem Zittern erkrankt und erst der Verzicht auf Tee führte zur Heilung. Zwar nahm die Abstinenzbewegung vieler seiner Argumente auf, münzte diese dann aber rein auf alkoholische Getränke. Später wurde selbst Wesley ein Advokat für Teekonsum. Zwei Jahre später dominierte das Postulat vom Tee als Allheilmittel die Debatte.


1757 wiederum publizierte Jonas Hanaway, ein Philanthrop, dass Tee eine große soziale Gefahr sei. Massen der Armen verschuldeten sich für ihre Teesucht und viele der typisch weiblichen Krankheiten waren für ihn mit deren starken Teekonsum zu erklären. Ferner würden Mütter ihren Babys mit dem heißen Tee, der über das Stillen in deren Körper gelange, schwere Schäden zuführen. Es zirkulierte ein Pamphlet, welches die Reichen vor den nun faulen teetrinkenden Armen warnte. Jede Minute, die eine Arbeiterin Tee trinke, würde sie nicht für die Reichen arbeiten. Somit sollte man der Unterschicht Tee verbieten und sie auf gar keinen Fall mit gebrauchten Teeblättern bezahlen. Diese Teeweiber würden beim gemeinsamen Teetrinken über ihre Dienstherren lästern und das sei schädlich für das Ansehen der gesamten britischen Mittel- und Oberschicht. Die Antipode hierzu war zeitgleich Dr. Samuel Johnson. Er sah in der Tatenlosigkeit, dem sich bedienen lassen des Adels und deren Gier nach Luxus den Hauptgrund dafür, dass diese anfällig für Krankheiten waren. Er selbst sei starker Teetrinker und seit 20 Jahren gesund. Überdies hielt er das Reden und Lästern der Unterschichten bei einer Tasse Tee für weitaus harmloser als deren Rebellion gegen die Hungerlöhne. Der Streit zwischen Johnson und Hanway dauerte viele Jahresausgaben des „Literary Magazin“ an. Noch 1826 wurde deren Streit aufgegriffen als es darum ging die Royal Navy in Gänze mit Tee zu versorgen. Mittlerweile waren aber die Gegner von Tee in der Minderheit und sowohl Mediziner als auch Theologen hatten ihre Pro-Argumente im 19. Jh. verwissenschaftlicht. Tee war das britische Nationalgetränk geworden und man ließ keinen Zweifel an der heilenden Wirkung für den individuellen und Nationalkörper mehr zu.

Teehandel zwischen USA und China von 1784-1815

Mit der „Empress of China“ erreichte 1784 das erste US-Handelsschiff China. Dort wurde neben Silber auch Papiergeld und Handelskredite die meist mit Waren bezahlt wurden als Währung akzeptiert. Überdies lernte „der Westen“ hier das Prinzip von Versicherungen auf Handelsverträge kennen. So wurden auch die Waren der „Empress of China“ über Kredite und nicht mit Silber bezahlt. Als sie im Mai 1785 wieder in NY einlief machte der Tee an Board etwa 90 Prozent des Warenwertes aus. Neben Fellen war in China besonders der amerikanische Ginseng beliebt.
Da es in den ersten Dekaden für die USA schwer an Kredite zu kommen waren sie für die chinesische Hilfe zuerst dankbar. Ferner freuten sie sich, dass sie durch ihren China-Tee in Europa Zugang zum Kreditmarkt erhielten. Aufgrund des Bargeldmangels um 1800 war es für amerikanische Händler schwer an Dollar zu kommen. Somit waren Kredithandel und Bezahlung per Silber willkommene Alternativen. Dank dem wirtschaftlichen Kreditsystem war es für die US-Händler möglich den Handel und die Bezahlung der Waren zeitlich unabhängig voneinander zu gestalten. Außerdem konnte so das wenige Bargeld für die binnenwirtschaftliche Entwicklung der USA genutzt werden. Der Kredithandel mit China sah in der Regel so aus, dass man Tee u.a. auf Kredit kaufte und schriftlich versicherte diesen mit 1 Prozent Zinsen im Monat im nächsten Jahr zu bezahlen. Mit den Profiten wurden Ginseng, Felle und Silber gekauft umso bei der nächsten Schiffsreise die alten Kredite zu begleichen. Umgerechnet in heutigen Wert betrugen die Jahreskredite um 1800 rund 10 Milliarden Dollar. Bezahlten die US-Händler ihre Schulden nicht, verklagten die chinesischen Hong sie vor dem NY Kanzleigericht. Die meisten US-Händler meldeten darauf entweder Insolvenz an oder verklagten die Chinesen wegen angeblich minderwertigen Tee, den sie nicht zum erwarteten Preis verkaufen konnten. In der Regel gaben die US-Gerichte ihren Händler Recht und die chinesischen Kreditgeber gerieten in der Heimat in Zahlungsnot. Alleine der Consequa genannte Händler beklagte 1814 ausstehende Zahlungen in heutiger Höhe von 14 Mrd. Dollar nur aus Philadelphia.
US-Händler nutzten chinesische und europäische Schuldverschreibungen als Zahlungsmittel und tauschten beide untereinander aus. Im US-Handel galten die chinesischen Schuldscheine für US-Händler als genauso gutes Geld wie bare Münzen. Die US-Händler investierten ihre Gewinne in neue Schiffe, gründeten Banken oder intensivierten ihren Sklavenhandel. Andere kauften Textilfabriken oder tausende Hektar Land. Ab und an wurde auch Geld für private Bildungs- und Wohlfahrtseinrichtungen ausgegeben.
Einfallstor für die USA zum europäischen Geldmarkt waren die Niederlande, die dem neuen Staat gerne gegen ihren alten Feind England finanziell zur Seite standen. Darüber hinaus nahmen Niederländer den China-Tee der US-Schiffe ab, um diesen in Europa teils illegal zu verkaufen. Die napoleonischen Kriege hatten den europäischen Import von Tee aus Asien unterbrochen und die USA nutzten diese Chance und transportierten etwa 15.000 t Tee zwischen 1790-1800 nach Europa. Nach dem US-Britischen Krieg von 1812-1815 organisierten sich einzelne Händler zu Gesellschaften und starteten damit erneut in den Chinahandel.

Tee-Plantagen und medizinische Versorgung. Die ersten Jahre in Indien

Seit Mitte des 19. Jhs. vergab die englische Verwaltung sogenanntes „Wasteland/Brachland“ für private agrarische Unternehmungen. Angebaut wurden Cash Crops wie Tee, Kaffee, Chinarinde, Apfel und Erdbeeren. Die Plantagen waren an der Peripherie des kolonialen Staates und galten als Enklaven kolonialistischer Traditionen.
In Sibsagar/Assam wurde der erste britische Teegarten aufgebaut. 1840 wurde der Versuchsgarten an die Aktiengesellschaft Assam Tea Company verkauft. Das Wort Teegarten steht hier für eine bewusste Romantisierung des angeblichen Kampfes der zivilisierten Teekultur gegen die wilde Natur. Neben originären Unternehmern waren viele aus dem kolonialen Dienst pensionierte Männer Leiter von Teeplantagen. Sie hatten einen medizinischen, militärischen oder Verwaltungshintergrund. Obwohl 1858 das Auktionieren des Lands von Darjeeling an Agrarunternehmungen begann, musste erst 1898 der Pächter nachweisen, dass er das „Brachland“ auch entwickeln konnte. Oft wurde somit einfach Land vom Staat gekauft, nur um es wenige Jahre später wieder teurer weiterzuverkaufen. Die vom Staat intendierte agrarische Kultivierung des Landes fand oft nicht statt. Bis in die Anfänge des 20. Jh. musste man 15 Prozent des Landes mit Tee bepflanzen und nur hierfür zahlte man Pacht. Für 100 ha Land mussten somit nur 15 ha bezahlt werden. Die umliegenden Wälder wurden in Teekisten und Feuerholz verwandelt. Neben Tee wurden in Doars besonders Senf, Reis, Jute und Tabak angebaut. Die Organisation der Arbeit hier war eher kleinbäuerlich als mit großen Plantagen. Arbeiter der Darjeeling-Plantagen waren meist Wanderarbeiter aus Nepal, die die Plantagen außerhalb der Saison nicht bewohnten. Dies war für die Besitzer günstiger als aus Süd-Indien Zwangsarbeiter ranzuschaffen. Dass viele Arbeiter nur zeitweise auf der Plantage arbeiteten und die restliche Zeit in Subsistenzwirtschaft in der Nähe lebten, war für die Doars Pflanzer ein moralischer Vorteil, da sie ja nicht auf Zwangsarbeit wie in Assam setzten. Aufgrund dieser offiziellen freien Arbeit war es in Darjeeling, Doars und Terai auf Seiten der Regierung nicht nötig im 20. Jh. gegen Zwangsarbeit vorzugehen. Ebenso gab es kaum Informationen oder Statistiken über diese Arbeiterschaft. Im letzten Jahrzehnt des 19. Jh.s, indem viele Teeplantagen etabliert wurden, verdoppelte sich die Bevölkerung in diesen drei Regionen. Arbeiter wurde auch in verschiedenen Siedlungen untergebracht damit sich Krankheiten nicht so ausbreiten konnten und es keine Absprachen für mögliche Arbeitswiderstände gab.
Während es für die Europäer vor Ort bald Krankenhäuser geben sollte, war für die Einheimischen nur eine simple Notversorgung vorgesehen. Aber selbst Europäer hatten bis in die 1930er Schwierigkeiten eine adäquate Versorgung zu erhalten. Einige europäische Ärzte gehörten auch zur Kategorie „young fellows who could not get into the right thing at home“ und damit gab es hohe Bedenken hinsichtlich ihrer Qualifikation. Weiße Ärzte wurden nur aktiv wenn Epidemien und damit erhebliche Gewinneinbußen drohten.  Während in Darjeeling das Klima eher gesünder war, erlitten die europäisch gekleideten Engländer in Doars und Terai viele Tropenkrankheiten. Dies war aber ein wichtiger Teil ihrer Erzählung vom harten Pionier in der indischen Wildnis. Die Sterblichkeit war ihrem Heroismus immanent.
1881 erhielt mit der Jalpaiguri Tea Company die erste indische Firma einen Teegarten Namens Mogalkata Tea Estate mit einer Größe von 300 ha. Bis zur Unabhängigkeit gelang es indischen Unternehmen einen Anteil von knapp 20 Prozent in der Teeindustrie zu erreichen. Die indischen Pflanzer wurden nicht in die weißen Interessensvertretungen aufgenommen, kooperierten wenn nötig aber mit ihnen. Das Plantagenwesen veränderte aufgrund des Imports von Arbeitern nachhaltig die Demografie der nördlichen Regionen.

Mehr:
Nandini Bhattacharya: Contagion and Enclaves. Tropical Medicine in Colonial India. 2021, Liverpool University Press.

Chinesicher Schwarztee: kleine Übersicht

Einer chinesischen Legende nach wurde im Dorf Tong Mu, was dank dieser Legende heutzutage sehr hochpreisige Tees produziert, der Wucha (Schwarztee) oder auch Hongcha (Rottee) erfunden. Während der Ming-Dynastie im 14. bis 17 Jh. machten Soldaten auf ihrem Marsch nach Norden in Tong Mu halt und schliefen in einer Teefabrik auf Säcken frischer Teeblätter. Da sie sich im Schlaf hin und her rollten zerstörten sie die Blätter. Um die Blätter dennoch trinken zu können wurden sie danach von dem Teemeister erhitzt, etwas gerollt und geröstet. Dieser ruinierte Tee wurde sehr billig verkauft. Aber da er sehr köstlich war konnte der Farmer sich eine Saison später kaum vor Anfragen retten und bei der Auktion erreichte sein Tee Höchstpreise. Nach und nach stellten auch andere in Tong Mu Schwarztee her und halten sich noch heute für den Geburtsort von Schwarztee.
Aus dem ursprünglichen Teemissgeschick wurde mit der Zeit der beliebteste Tee der Welt. Auf dem Weg in die kolonialen Heimatländer der Teeflotten war es nicht möglich grünen Tee frisch zu halten. Oolongs und schwarze Tees bzw. Pu Ehrs waren hier einfach noch leckerer bei der Ankunft. Auch Rauchtee wurde vor Ort fast gar nicht konsumiert, aber als er dann ein Jahr später in Europa ankam, war er wohl genau richtig für die europäischen Gaumen. Je schneller der Transport wurde, desto weniger beliebt war der Rauchtee und er wurde erst vor ca. 20 Jahren als Rarität wieder erkannt.
Tee aus den Wuji Bergen war in England bald der beliebteste und wurde Bohea Tee genannt, weil man die Region anders nicht aussprechen konnte. Nach und nach imitierten andere Teeregionen dann den Schwarztee. In Zhengshan, wo die Wuji Berge sind, hatte ein Kultivar den Namen Xiaozhong was so viel wie wild und selten hieß. Aus beiden Wörtern machten Engländer Lapsang Souchong, was aber auch kleinblättriger Tee aus Zhengshan heißen kann.
Heute gilt Schwarztee in China als Rottee, da man eher Pu Ehrs als Schwarz bezeichnet. Keemun Schwarztee galt viele Jahrzehnte als Oolong Tee. Erst als nach und nach eine Klassifizierung entstand entschied man sich nach Herstellung zu benennen und der fertige Schwarztee schaut nun rot in der Tasse aus.

Qimen Hongcha wurde 1875 nachweislich das erste Mal produziert. Anhui war eine Grüntee Provinz und passte sich dem Weltmarkt mit dem Schwung zum Schwarztee an. Hu Yuanlong lernte in Jinagxi Schwarztee Produktion und produzierte dann als erster in seiner Rishun Teefabrik Schwarztee. Es ist heute die Königin der Schwarztees und ist mit dem fruchtigen Orchideen Aroma hochbeliebt.

Dianhong wurde 1938, während des zweiten chinesisch-japanischen Krieges vom geflüchteten Teemeister Feng Shaoqiu in Yunnan erfunden.  Es sind eher große Blätter die dortige Kultivare produzieren. Der hohe Theaflavin-Anteil sorgt in einer weißen Tasse für einen goldenen Rand. Dian steht als Kurzname für Yunnan und Hong für Hong-Cha. Mit diesem Tee, der über Pferdekarawanen nach Hong Kong gebracht wurde, konnte China Devisen erhalten. Es hieß, dass man mit einer Tonne Dianhong 10 Tonnen Stahl kaufen konnte.

JinJunMei wurde 1986 alleine für den Export erschaffen. Bis zum Jahr 2000 sank die Qualität und man konnte sich immer weniger gegen indischen Tee behaupten. Auch auf dem nationalen Markt erreichte dieser Tee kaum Beliebtheit. 2005 wurde dann die goldene Augenbraue JinJunMei vom Teemeister Zhengshan Xiaozhang Jiang Yuanxun kreiert. Rund 70.000 Knospen werden zu 500g Tee verarbeitet. Dank seiner besonders zarten Süße war der Tee in China sofort ein Verkaufsschlager und erzeugte eine Sogwirkung von Schwarztees in China.

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