Zu Beginn der Herrschaft von Queen Victoria (1837-1901) wurden etwa 20.000 Tonnen Tee importiert, nichts hiervon kam aus dem englischen Kolonialreich – alles kam aus China und musste mit Silber bezahlt werden (Opiumkriege). Da aber die VOC die EIC vom Gewürzmarkt/Gewürzinseln vertrieb, musste sich die EIC nach Indien zurückziehen und versuchte parallel der VOC im Chinahandel ein Konkurrent zu sein. Aus den wenigen britischen Handelsposten an der indischen Küste wurde nach einem Angriff auf die EIC Stadt Bombay 1756 immer mehr eine Territorialherrschaft. Die EIC vergrößerte ihre Armee innerhalb von 50 Jahren um das 1000x auf etwa 154.000 Soldaten zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Aus dieser anfänglichen Defensive (Verteidigung von Bombay) wurde eine den Kontinent erobernde Armee die mit wechselnden Bündnissen der lokalen Herrscher letztlich fast ganz Indien kontrollierte.
Die erste Kiste Tee kaufte die EIC übrigens 1664 in Batavia der VOC ab. 1669 kaufte sie 150 Pfund direkt für die Frau des Königs Charles II. – Katharina von Braganza – ein. Erst 1689 gelang es der EIC direkt in China einzukaufen. Innerhalb einer Generation stieg der Import von einigen hundert Pfund auf eine Million Pfund (1720) an. 1766 waren es schon 6 Mio. Pfund. Man geht davon aus, dass die offizielle Menge der EIC immer auch noch einmal zusätzlich als illegale Schmuggelware durch holländische oder skandinavische Händler ins Land kam. Tee war im 18. Jahrhundert sowohl von der reinen Importmenge als auch der Gewinnspanne das wichtigste Produkt der EIC.
1833/34 verlor die EIC dann aber das Handelsmonopol mit China. Dies war der Startschuss für den Teeanbau in Indien, das ja bis 1858 fast eine Art privater Besitz der EIC war. Die EIC versuchte also das verlorene Monopol im Chinahandel durch ein indisches Teemonopol zu ersetzen. Das indische Handelsmonopol hatte die EIC übrigens schon 1813 verloren. Man wollte nun den Teeanbau und damit die Preise komplett kontrollieren. Um zu prüfen, wo man Tee anbauen könnte, gab es in jeder indischen Region botanische Gärten. Hier ging es nicht darum seltene Pflanzen zu sammeln, sondern Pflanzen so zu erforschen, dass sie einen möglichst großen wirtschaftlichen Profit abwerfen.
Als die Teepflanzen aus Assam, die die Gebrüder Bruce in den 1820er Jahren gesammelt hatten in den botanischen Gärten der EIC ankamen, hatte man noch kein Interesse daran gehabt, diese als echt zu identifizieren, da die EIC ja noch das Monopol im Chinahandel hatte. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Existenz von indischen Tee weniger Profit im Chinahandel bedeutet. Nur Monate nach dem Verlust des China-Monopols erinnerte man sich an diese Tees aus Assam und erkundete es genauer. Man fand heraus, dass die Pflanze in Assam den gleichen Ursprung hatte wie die Pflanzen in China. Da die Pflanzen in Assam aber tausende Jahre in einem anderen Klima wuchsen als die chinesischen, sahen sie anders aus. Sie waren also eine Variante der chinesischen Ursprungspflanze.
Manche in der EIC dachten, dass man schnell aus den unkultivierten „Assampflanzen“ trinkbaren Tee erhielt, andere dachten, dass dies nur mit den „Chinapflanzen“ geht. Die gesamten 1830er und größtenteils 1840er Jahre testete man verschiedene Anbaugebiete und Methoden. Schließlich kam man auf die Idee die Pflanzen zu kreuzen und eigene Züchtungen zu entwickeln.
In Assam erwartete die Teepioniere aus England feindliche Völker (wer gibt sein Land schon gerne an Kolonialherren ab), ein tropisches Klima mit einer Vielzahl von möglichen Krankheiten sowie Schlangen, Tiger und Leoparden. Aber niemand konnte letztlich die Engländer dabei stoppen Land und Leute zu vernichten und in Teegebiete zu transformieren.
So sendete man 1839 die erste Ladung Tee aus Assam nach London. ¾ kamen gar nicht erst in den Verkauf, da sie schlecht geworden waren. In London lagerte der Tee noch Monate im Lagerhaus der EIC, da erst noch alter Tee verkauft werden sollte und man noch einige Monate die Antizipation steigern wollte. Das machte den Tee zwar nicht besser, aber bei der Auktion wurden tatsächlich hohe Preise erzielt, da es der erste „englische“ Tee war.
Es dauerte aber noch bis zum Jahr 1888 bis es mehr indischen als chinesischen Tee in England gab.
ABER: Alle Tees aus Assam waren weder fein noch mild – etwas das man fast ein Jahrhundert lang bei den chinesischen Tees zu schätzen gelernt hatte. Also sendete man Teejäger wie Robert Fortune aus um Pflanzen aus China zu bekommen und sie in einem Hochland anzubauen. Hier kommt Darjeeling ins Spiel. Die 20.000 Pflanzen die Robert Fortune dann Mitte der 1850er Jahre aus China nach Indien sendete, endeten zum großen Teil in Darjeeling und dienten dazu die Produktion von feinen indischen Tees zu ermöglichen.
Um 1800 gab es immer intensivere Scharmützel zwischen Nepal, Bhutan und Sikkim. Engländer führten als südlich gelegene Kolonialherren einen Krieg gegen diese nördlichen Könige und errichteten das Gebiet Darjeeling als eine kleine Pufferzone, damit die Königreiche keinen Kontakt miteinander mehr haben und so auf die Idee kommen könnten, sich gegen England zu verbünden. Hierbei entdecken nun die ersten Europäer die Region Darjeeling und waren gleich von dem angenehmen Klima und der idyllischen Natur angetan. Sofort kam die Idee auf, die Region in ein Sanatorium für die EIC Angestellten und Offiziere zu verwandeln. Offiziell ging ein Teil des heutigen Darjeelings 1835 in den Besitz der EIC über. Man tauschte es beim König von Sikkim gegen 1 Gewehr, 1 Schrotflinte, etwas Seide und Stoffe. Neben 20-30 Häusern gab es dort nur ein kleines Volk von Nomandenhirten – die Briten sorgten dafür dass diese das Besitzrecht der EIC anerkannten.
Da es noch keinen Eisenbahnanschluss gab, machten nur wenige Europäer die anstrengende Reise nach Darjeeling. Hierzu gehörte 1839 Archibald Campbell, der die Aufgabe übertragen bekam, dort ein Sanatorium und eine Siedlung zu errichten. Hill Stations – also Bergstationen – wurden von der EIC und später der britischen Regierung überall verstreut in den indischen Höhenlagen gebaut. Während der sehr heißen Monate sollten sich hier die Offiziere und Angestellte erholen. Der indischen Hitze passten sich die Europäer nicht an. Man aß und kleidete sich wie im kalten England. Viele konnten diese Strapazen nicht bestehen und starben. In den 300 Jahren der britischen Herrschaft in Indien starben etwa 2 Mio. Briten.
Im ersten Jahrzehnt forderte Campbell aus Nepal zehntausende Gorkhas an, sodass die Bevölkerung rasch von unter 100 auf über 10.000 stieg. In Darjeeling heiratete Campbell eine 15 Jahre jüngere Frau und hatte mit ihr 12 Kinder. Er war von Haus aus Arzt und hatte während des Militärdienstes im Norden Indiens Interesse für das Himalayagebiet entwickelt. Als erste Pflanze führte er Chinarindenbäume ein um Geld aus der Produktion für Chinin (tonisches Wasser gegen Malaria) zu gewinnen. 1849 unternahm er eine Expedition nach Sikkim. Die Expeditionsteilnehmer wurden aber verhaftet und erst nach sechs Wochen wieder freigelassen. Sie hatten mit dem Grenzübertritt gegen eine Vereinbarung mit Sikkim verstoßen. Die Inhaftierung nahmen nun wiederum die Briten als Vorwand um den südlichen Teil von Sikkim, das fruchtbare Land, zu annektieren. Sikkim war nun nur noch ein Hinterland im Hochgebirge. 1863-65 kämpften Briten mit Bhutan und nahm dort auch noch etwas fruchtbares Land in Besitz, sodass Darjeeling genau 1,234 meilen² (=320.000 ha) umfasste.
Anfang der 1840er Jahre hatte Campbell privat knapp 2.000 Teepflanzen in seinem Garten und stellte fest, dass diese prächtig gedeihen. Die ganzen 1840er und 1850er Jahren waren nun tausende nepalesische Zwangsarbeiter damit beschäftigt den unberührten Urwald zu roden und Teepflanzen in Reihen auszupflanzen. Zu den ersten Generationen der Teepflanzer gehörten aus England oft Männer die im Mutterland selbst keine ehrbare Anstellung gefunden haben oder von der Familie ins koloniale Exil entsendet wurden. Diese Männer hatten nicht die geringste Ahnung von Tee oder Indien. Es dauerte also einige Jahrzehnte bis man wusste, wie man viel und guten Tee produzieren konnte. Ende der 1830er Jahre reiste eine Gruppe deutscher Missionare in die Tukvar Mission im nördlichen Darjeeling. Da sie keine Missionserfolge hatten, entzog die Kirche ihnen die finanzielle Hilfe und so konnten sie nicht zurückreisen. Sie arbeiteten auf verschiedenen Teefeldern und gründete 1852 sogar die erste noch heute existierende Plantage Steinthal. Die Nachkommen heirateten untereinander und die Wernicke-Stölke Familie war bis zum Zweiten Weltkrieg in Darjeeling aktiv.
Kurz vor dem Ersten Weltkrieg notierte die Tageszeitung in Darjeeling, dass es bisher gelungen sei, alle Gärten fest in europäischer Hand zu halten. Hierbei wurde aber bewusst übersehen, dass Makaibari damals bereits seit 20 Jahren in indischer Hand war. Gegründet von einem EIC Deserteur (Cpt. Samler) und seinen Sepoys wurde hier erst Mais angebaut. Daher der Name Kornfeld (= Makaibari). Da Samler in der Nähe von Campbell wohnte klaute er ihm einige Pflanzen und begann so seine Teeplantage. Samler freundete sich mit dem reichsten Inder in Darjeeling an: Girish Chandra Banerjee. Dieser stammte aus einer reichen bengalischen Familie, flüchtete aber vermutlich vor einer arrangierten Ehe nach Darjeeling und wurde Monopolist im Pferdetransportwesen. Als Samler starb übertrug er seinen Makaibari-Garten an Barnerjee. Die erste Verarbeitungsfabrik in Darjeeling wurde übrigens dem Garten Makaibari angegliedert und 1859 eröffnet. So wirklich begann die Darjeeling Teeindustrie mit dem Jahr 1881. Hier wurde die Eisenbahn eröffnet und nun konnte schwere Maschinen für die Fabriken ins Gebirge gebracht werden. Bis zum Bau der Eisenbahn dauerte die Reise von Kalkutta in den Norden viele Monate.
Indien erhielt am 15.08.1947 seine Unabhängigkeit. Jetzt verkauften fast alle Europäer ihre Plantagen an Inder – diese hatten aber kaum Bezug zum Tee, während die „alten“ Europäer ja den Tee in Indien großgezogen hatten (mithilfe von 100.000en Zwangsarbeitern). Für die europäischen Kolonialherren war Tee eine Lebensart – für die neuen Inhaber nur noch eine gewinnbringende Firma. Früher haben die Kolonialherren die Plantagen nach einem 40-40-20 Schema angelegt: 40 % Teeanbau, 40 % andere Pflanzen und 20 % für Arbeiter und Fabrik. Die 40 % „Wildnis“ wurden nun drastisch reduziert und damit die Stabilität des Ökosystems. Ab 1955 wurde in der Teeindustrie Chemikalien eingesetzt. Hiermit konnte in Darjeeling die Produktion von 7 auf 10 Mio. Tonnen erhöht werden.
Noch gut 20 Jahre nach der Unabhängigkeit gab es englische Teehandelsfirmen in Indien. Aber mit einem neuen Gesetz, dass eine indische Beteiligung an den Firmen vorsah, wechselten fast alle englischen Firmen 1973 das Interessengebiet auf Kenia und die dortigen post-kolonialen englischen Gebiete. Innerhalb eines Jahres sank der Export nach UK um die Hälfte auf nur noch 75.000 Tonnen. Heutzutage sind es übrigens nur noch knapp 15.000 Tonnen. Größter Ersatzmarkt wurde die UdSSR. Nachdem Zusammenbruch der UdSSR übernahmen arabische Staaten die Spitzenposition im Exportranking. Hierbei war Darjeeling wenig von Bedeutung. In den 1990er Jahren versuchte Darjeeling immer mehr in Richtung Bio-Landwirtschaft zu gehen, da dies im Absatzmarkt Europa wachsende Bedeutung gewann. Indischer Tee wird generell auch gerne vom Iran getrunken und mit Öl bezahlt.
Geschmack beginnt in der Erde. Von hier holen sich die Pflanzen ihre Nährstoffe die wir dann auch im verarbeiteten Blatt schmecken. In der post-kolonial Zeit hat auch Darjeeling viel Chemie eingesetzt und viel Wald gerodet. Seit gut 10 Jahren bemüht man sich nun wieder die traditionellen Anbautechniken anzuwenden und mehr „Wald“ also Gebiete die nicht aus Teepflanzen bestehen aufzuforsten.
Mittlerweile produzieren etwa 2/3 der Gärten in Darjeeling ihren Tee biologisch. Einigen fiel dies sehr leicht, denn in den 1980er und 1990er Jahren lagen sie brach und wurden erst um das Jahr 2000 als „bio“ Mode wurde reaktiviert. Da sie jahrelang nicht bewirtschaftet und damit gespritzt wurden, waren sie „organic by default“. Pionier im Bio-Anbau ist der Makaibari-Garten, dessen Besitzer Banerjee in den 1980er bereits von „bio“ überzeugt war. Erst wurde er von Käufern und Pflanzer ausgelacht, mittlerweile wird es ihm erlaubt sich als den „Bio-König“ von Darjeeling darzustellen.
Die Bio-Plantagen produzieren etwa 25 % weniger als die Chemie-Plantagen. Aufgrund der geringeren Produktivität, müssen Bio-Tees teurer sein, damit die Plantage überleben kann. Gelingt es nicht Käufer für Bio-Tee zu finden, geht man Bankrott. So musste die Namring Plantage nach zehn Jahren Bioproduktion 2004 wieder auf Chemie umstellen und verkauft nun wieder Massen an konventionellen Tee nach Arabien und Russland.
Glenburn, Castelton und Margret`s Hope – mit die bekanntesten Gärten, weigern sich auf Bioproduktion umzustellen. Sie verlassen sich darauf, dass ihr guter Name weiterhin einen guten Preis rechtfertigt. Teilweise werden organische Techniken angewendet, aber nie wird auf Chemie-Dünger und Pflanzenschutzmittel verzichtet. Durch die Höhenlage ist aber vergleichsweise wenig Gift nötig. Bei Margrets Hope ist es ein Problem, dass die besitzende Firma wenig Geld in neue Pflanzen investiert und die alten intensiv gespritzt werden, um ein gewisses Produktionsniveau zu halten. Da in der Regel ohne Schutzkleidung gespritzt wird, haben sowohl die Arbeitsteams als dann auch die Pflückerin Haut- und Atemkrankheiten.
Manche Pflanzer wollen Bio-Tees herstellen, damit es den Käufern, uns, besser geht. Aber den Chemie-Teebauern geht es nicht darum, dass wir ein gutes Gewissen haben, sondern sie die Zukunft ihrer Arbeiter sichern können und das geht eher ihres Erachtens eher mit konventionellem als Bio-Anbau. Aber wenn der Europäer, der wichtigste Käufer von Darjeeling „Bio“ will, dann muss Darjeeling „Bio“ produzieren. Somit ist es nicht einfach zu entscheiden was nun besser ist: Wenig aber teuren Bio-Tee nach Europa zu exportieren oder Massen an konventionellem Tee in Asien, Russland oder Arabien zu verkaufen.
Darjeeling Tee hat durch seine Höhenlage (dünne Luft), Luftfeuchtigkeit, Regentage, Sonnenstrahldauer und Zusammensetzung der Erde Vorbedingungen die sich als optimal für die Camellia sinensis herausgestellt haben. Die Teepflanze hat hier eine Winterpause von 4 Monaten – in Assam sind es nur 2. Pro Hektar produziert man in Darjeeling etwa 400 kg Tee – während es in Assam 1,2 Tonnen sind. Da der Durchschnittsgarten in Darjeeling 234 Hektar groß ist, können sie viele hundert Meter Höhenunterschied haben und so in unterschiedlichen Klimazonen liegen. Oft erntet man bei einer Plantage „unten“ einen Monat eher als „oben“. Eine Arbeiterin in Assam pflückt übrigens Blätter für 800 kg Tee / pro Jahr – in Darjeeling sind es nur 200 Kg.
Eine Pflückerin in Darjeeling verdient pro Arbeitstag rund 2-3 €. Sie bekommt meist einen Bonus wenn sie besonders viel Tee gepflückt hat. Alle paar Jahre verhandeln die Gewerkschaften neu und zuletzt gab es alle drei Jahre nicht nur eine Lohnerhöhung sondern auch eine Sonderzahlung in der Höhe von 20 Prozent des Jahresgehaltes. Neben reinem Lohn erhalten sie und ihre Familien oft eine Volksschulausbildung und kostenlos Essen, sauberes Wasser und eine erste Versorgung in der Krankenstation. Wenn man krank ist, gibt es 50-75 % eines Tagesgehalts – hierzu gehören auch 3 Monate Mutterschaftszeit. Für jedes Jahr das man dort gearbeitet hat, erhält man bei „Renteneintritt“ ein Monatsgehalt ausgezahlt. Überdies ist der Arbeitsplatz vererbbar. Erben können diesen aber verkaufen, wenn sie nicht auf dem Teefeld arbeiten wollen. Dies sind aber alles nur auf dem Papier festgehaltenen Standards und die Realität ist fast immer sinister.
Für den Verkauf des Darjeelingstees sind mittlerweile Auktionen und der Direktverkauf ebenbürtig wichtig. Bei den Auktionen ist eine Firma für 95 Prozent der Verkäufe verantwortlich: J. Thomas & Co. Dies waren im Jahr 2015 rund 5 Mio. Kg Tee aus Darjeeling. Insgesamt werden etwa 1/3 aller in Indien auktionierten Tees bei der Firma verkauft. In der gesamten Kapazität waren es bei J. Thomas & Co rund 200 Mio. Kg Tee. Es gibt nur noch einen Auktionator der eine klassische Auktion abhält. Alle anderen lassen es über IT-Systeme laufen, sodass man gar nicht mehr vor Ort (am Laptop) sein muss. Manche Gärten möchten nicht in einer Auktion verkaufen, weil die Ware dann klassifiziert wird. Andere wissen, dass sie in privaten Absprachen mit Käufern einen höheren Gewinn erhalten. Nicht alle Käufer haben Zugang zum Auktionssystem oder wollen auf die Tageslaunen Rücksicht nehmen müssen. Anderen ist der direkte Kontakt zu den Produzenten wichtig, bspw. um auf die Einhaltung von Qualitätsstandards Einfluss nehmen zu können. Anderen ist es wichtig, dass sie schnell an den Tee kommen. Es vergehen zwischen Ernte und Kauf bei einer Auktion schon einmal vier Wochen. Während der Direktkauf sofort ist. Manche Gärten kritisieren, dass bei den Proben für die Interessenten bei der Auktion rund 8 Kg Tee verbraucht werden.
Neben der politischen Frage nach mehr Unabhängig für West-Bengal (Gorkhaland) und den regelmäßigen Arbeiterstreiks ist der Klimawandel die größte Bedrohung des Darjeeling-Tees. Die Reste des Waldes werden weiterhin für Hausbau und Feuerholz geopfert. Die Temperaturen steigen im Jahresschnitt immer an und der Regen kommt nicht mehr regelmäßig. Er kommt in Wellen und das macht es schwer guten Tee zu produzieren. Da es kaum noch Wald gibt, kann dieser weder den Boden vor Erosion schützen noch das Wasser aufnehmen und dann langsam wieder abgeben. Überdies hat ein halbes Jahrhundert Chemie-Einsatz die Böden schwer beschädigt.
Viele Kinder wurden auf den Teegärten schulisch so gebildet, dass sie es gar nicht einsehen ihre erworbenen Fähigkeiten ruhen zu lassen und Pflückerin zu werden. Andere sehen im Bollywood TV wie gut es in den Großstädten den Menschen (angeblich) geht und ziehen deswegen weg. „Im Tee“ zu arbeiten ist nicht modern. Durch Internetzugang ist selbst die abgelegene Region Darjeeling mit der Welt verbunden und man sehnt sich dort nach dieser Ferne. Viele haben Zukunftsträume – und wenn man dort bleibt, dann weiß man, dass man sein Leben lang nicht mehr erreicht als auf dem Feld Tee zu pflücken.
Besonders demotiviert es, dass ein Kilogramm Tee für ein Wochen-Monats oder gar Jahresgehalt einer Pflückerin verkauft wird, während sie keine Beteiligung an den Gewinnen der Plantagenbesitzer haben. Beispielsweise hatte Raja Banerje – Leiter von Makaibari und als der „Bio-Papst“ bekannt – die Idee, dass man die Pflückerinnen zu Teilhabern macht und sie so auf ihrem Land ihren Tee pflücken und er diesen abkauft und dann in seiner Fabrik verarbeitet. Aber seine Pläne hat er nicht verwirklicht und die Plantage 2014 an den Großkonzern Luxmi für rund 3,5 Mio. Dollar verkauft.
Eine womöglich zukunftsweisende Lösung gibt es als Experiment in Kerala: Die Kanan Devan Hill Planation Company gehören sieben Gärten mit etwa 24.000 ha Anbaufläche und 25.000 Tonnen Tee Jahresproduktion. Nach der britischen Gründung 1870 ging sie 1976 in den Besitz von Tata. Da sie aber zur Wende des 21. Jahrhunderts nur Geld kostete verkaufte es Tata an die Arbeiterschaft. Den 13.000 Teearbeitern gehörten 70 % der Firma. Tata hatte noch 20 % Anteil behalten und übernahm das Marketing und den Verkauf des Tees. Dem Rentenfond von Tata gehören die letzten 10 %. Nach der Übernahme durch die Arbeiter und Pflückerinnen stieg die Produktion sofort um 25 Prozent. Anstatt Verluste einzufahren macht die Plantage nun etwa 3 Mio. Dollar Gewinn pro Jahr – sodass jeder Aktieninhaber etwa 250 € Jahresbonus erhielt. Andere Gewinne wurden in verbesserte soziale Fürsorge, medizinische Versorgung, besseres Nahrungsversorgung und bio-dynamische Felder investiert. Kürzlich kaufte Tata den Arbeitern 10 % Anteil ab und besitzt nun wieder 30 % an der Firma.
Die KDHPC geht davon aus, dass man in Darjeeling mindestens die Produktion verdoppeln könnte, wenn sich das Management nicht mehr um die Arbeitsprobleme kümmern müsste. Eine Konzentration auf besseres Marketing und Direktvertrieb via Online-Shops könnte den Profit verdreifachen.
Im Moment gehen die meisten Beobachter davon aus, dass das koloniale System von Darjeeling, Assam, Ceylon erst einmal implodieren muss und aus den Ruinen dann ein modernes System wachsen kann. An Reformen glauben nur noch wenige.
Ferner verkaufen die meisten Darjeeling-Plantagen einfach nur Tee. Ein Getränk, das auch viele andere herstellen. Aber klar zu machen, was ist das Besondere hieran, was macht den hohen Preis genau aus, welche Idee, welchen Traum, welche Hoffnungen macht Darjeeling aus, dass interessiert kaum einen Pflanzer. Aber die Käufer wollen nicht nur den Tee haben, sie wollen sich dadurch gut fühlen.
Darjeeling Tee hat überhaupt nur eine Zukunft, wenn es nicht gelingt das Aroma an einem anderen Ort zu reproduzieren. Nepal ist hier eine große Gefahr. Ferner muss weiterhin die koloniale Magie von Darjeeling die Menschen in Europa zum Kauf anregen.