Joseph Banks: Der Spiritus rector des indischen Teeanbaus

Banks (1743-1820) studierte in Eton und Oxford Naturwissenschaften mit dem Schwerpunkt Botanik. Kurz nach seinem Abschluss gehörte er als einer der reichsten Söhne Englands zu den Finanziers von James Cooks erster Reise. Banks selbst reiste nach Labrador und Neufundland, um neue Tier- und Pflanzenarten zu erforschen. Die zweite Reise von James Cook (1768-1771), jetzt in den Süd-Pazifik, führte er als wissenschaftlicher Leiter. Mit seinem Team sammelte er Belege für Hunderte neuer Arten und Gattungen aus Flora und Fauna. Für seine Zeitgenossen war Cook nur der Schiffsführer und Banks der Star der Expedition. I

n den 1770er Jahren unternahm er weitere Forschungsreisen nach Tahiti, Neuseeland, Australien und Brasilien. Wenn er zwischenzeitlich in London war, warb er Gelder für den botanischen Garten in Kew ein und ließ diesen so zum „Royal Botanical Garden“ werden. Aus dem gesamten Empire sendeten (Hobby-)Botaniker Pflanzenproben nach Kew, um hier untersuchen zu lassen, wo im Empire welche Pflanze den höchsten Profit erwirtschaften könnte. Somit positionierte sich Banks ins Zentrum des Empire Dreiecks aus Forschung, Politik und Landwirtschaft. Manifestiert wurde dies 1778 durch seine Ernennung zum Präsidenten der Royal Society. Bis zu seinem Tod leitete er die Gesellschaft, welche Wissenschaftler im gesamten Empire förderte und koordinierte. Die wichtigsten europäischen Universitäten ernannten ihn zum Ehrendoktor und nahmen ihn in ihre wissenschaftlichen Akademien auf.  

Zusammen mit Francis Baring (Direktor der EIC) und Lord Hawkesbury (Präsident der britischen Handelskammer) eruierte Banks schon in den 1780er Jahren inwiefern Tee im Empire angebaut werden könnte. Neben Indien hatte man die karibischen Inseln im Blick, da dort schon die notwendige Sklavenpopulation existierte. Wenn es darum ging „orientalische“ Pflanzen in das Empire zu bringen, war Banks mit seinem Netzwerk aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft der wichtigste Ansprechpartner. Ziel war immer den teuren Import zu beenden und selbst mit Sklaven ohne Rücksicht auf Indigene eine billige Produktion im Empire zu etablieren. Zimt, Nelken, Muskatnuss, Seide, Karmin und Tee waren seine Lieblingsprojekte. Die Etablierung von botanischen Gärten in Indien um bspw. mit Teeanbau zu experimentieren wurde von ihm jahrzehntelang gefördert. Neben der Beschaffung von Pflanzen, was oft illegal geschah, war auch der sichere Transport ins Empire ein Problem. Banks organisierte für einige Schiffe die Ausstattung mit Glaskabinen, sodass diese in einer Art Terrarium verschifft werden konnten. Das Wardsche Gefäß war freilich noch nicht erfunden. Immer wieder erreichten ihn Informationen über chinesischen Teeanbau und Produktion. 1788 verfasste er einen Plan um Tee in Indien mit chinesischen Pflanzen zu produzieren. Aufgrund des noch existierenden Handelsmonopols der EIC mit China fand er aber kaum finanzielle Unterstützung. Vier Jahre später setzte er durch, dass die diplomatische MacCartney Mission nach Peking auch Informationen über Tee sammeln sollte. Sowohl für Banks als auch den englischen Staat war die Reise aber ein Fiasko.  Als 1816 eine kartographische Expedition China erfassen wollte, finanzierte es Banks mit dem Hinweis, auch nach Tee Ausschau zu halten. Da es in Korsika, Süd-Frankreich und Rio de Janero Erfolge beim Anbau der Teepflanze gab, erlebte Banks noch die Antwort auf seine Frage, ob Tee außerhalb von China existieren könne. Nach seinem Tod 1820 offerierte die Royal Society zwei Goldmedaillen für den Mann, der das Teeprojekt ihres ehemaligen Präsidenten Banks vollenden würde. 1840 erhielt Bruce diesen Preis.

Da Banks über Jahrzehnte im kolonial-wissenschaftlichen System für Teeanbau in Indien warb, ist es unsicher ob oder in welcher Form es ohne ihn eine englische Teeindustrie in Indien gegeben hätte. Vorwürfe, dass er das Leid von Millionen von Indigenen in Kauf nahm für den billigen Anbau von Cash Crops sind sicherlich richtig. Aber das gesamte Empire basierte auf der Ausbeutung der Peripherie und somit ist Banks weder besser noch schlechter gewesen als Millionen seiner englischen Zeitgenossen.

Mehr:
Patrick O’Brian: Joseph Banks. A Life, University of Chicago Press, 1997

Wilhelm III.

Wilhelm III. wurde als Inbegriff politischer und militärischer Genialität charakterisiert. Er regierte in den Niederlanden und England, auf dessen Thron ihn das Parlament 1689 berief. Der Oranier wurde zur Hauptfigur der Glorious Revolution von 1688/89, in der sich England endgültig vom Absolutismus verabschiedete und den Weg zur parlamentarischen Monarchie eröffnete. Als Statthalter der Niederlande führte er zudem den Kampf gegen Ludwig XIV. von Frankreich an. Unter ihm schrieben die Niederlande Weltgeschichte und prägten die Kultur des Abendlandes nachhaltig. Aber auf die Dauer mussten sie sich ihrem übermächtigen Nachbarn England, dem zweiten Königtum von Wilhelm, geschlagen geben.
Die Dynastie der Oranier leitet sich von dem kleinen Fürstentum Orange in der Provence ab. Die Niederlande, wozu damals auch das heutige Belgien gehörte, waren damals neben Böhmen die bevölkerungsreichste und fortschrittlichste Region Europas. Städte wie Amsterdam, Brügge, Gent oder Antwerpen waren Zentren der Wollmanufaktur und des Handels, die ein wohlhabendes Bürgertum entstehen ließen. Ihr Selbstbewusstsein und Streben nach Selbstständigkeit zielte auch mit ihrem Protestantismus gegen die Ansprüche der katholischen Habsburger.
Als mit dem protestantischen Bildersturm von 1566 der achtzigjährige Freiheitskampf der nördlichen Provinzen gegen Spanien begann, stellte sich Wilhelm I. auf ihre Seite. Als sie sich nach langen, blutigen Kämpfen 1581 zur Republik erklärten, wurde Wilhelm I. zum Statthalter gewählt. Kurz darauf wurde er ermordet. Als „Vater des Vaterlandes“ (und einer kaum überschaubaren Kinderschar mit vier Ehefrauen) ist er in die niederländische Geschichte eingegangen. Auch Wilhelms Sohn Moritz spielte im Befreiungskampf gegen das spanische Weltreich eine zentrale Rolle. Von 1590 an schuf er mit der Oranischen Heeresreform die militärischen Grundlagen für den späteren Sieg der Niederlande. Die finanziellen Mittel dazu stammten aus der städtisch geprägten Wirtschaft, in der Gewerbe und Dienstleistungen dominierten und die mit Besitzungen in der Karibik und Ostindien globalen Handel trieb.
Auf dieser Grundlage konnte die Republik der Sieben Vereinigten Provinzen der Niederlande schließlich im Westfälischen Frieden von 1648 ihre Unabhängigkeit erlangen. Der katholische Süden (Belgien) blieb habsburgisch. Der intellektuelle Esprit des Befreiungskampfes und die märchenhaften Reichtümer, die über die größte Handelsflotte der Welt ins Land strömten, begründeten nun das Goldene Zeitalter der Niederlande.
Die wichtigste Aufgabe des Statthalters war der Schutz der „wahren Religion“, also des reformierten Protestantismus, und des Oberbefehls im Kriege. Ihn zu führen, wurde denn auch die Aufgabe für Wilhelm III. Während England in mehreren Seekriegen die maritime Dominanz der Niederlande attackierte, griff Ludwig XIV. zu Lande an. Wie einst gegen die Spanier öffneten die Niederländer in ihrer Not die Deiche, um den Vormarsch der Franzosen zu stoppen.
1677 hatte Wilhelm die englische Königstochter Maria geheiratet. Als ihr Vater Jakob II. seine Rekatholisierungspolitik in England intensivierte, rief die englische Opposition den Oranier zur Hilfe. Im November 1688 landete Wilhelm auf der Insel, besiegte Jakob und wurde im Januar 1689 durch das Parlament zum König ernannt.
Bis zu seinem frühen Tod 1702 wurde Wilhelm III. (und damit England und die Niederlande) zum Zentrum des Widerstands gegen das Hegemoniestreben Ludwigs XIV. Niemand konnte nach ihm den schleichenden Niedergang der Niederlande aufhalten, deren Seemacht schließlich von England vernichtet wurde, bevor die Heere der Französischen Revolution sie überrannten.

Thomas Lipton: The best of all losers

Als Kind einer Arbeiterfamilie wurde Sir Thomas Johnstone Lipton (1846-1931) in Glasgow geboren. Bereits als Schüler musste er arbeiteten und nach der Schulzeit war er als Kabinenjunge an Bord verschiedener Schiffe. 1865, ein Jahr nach dem Ende des Bürgerkrieges, ging er in die USA und arbeitete auf mehreren Plantagen und als Verkäufer diverser Waren. Hier lernte er die in Europa unbekannten modernen Verkaufsmethoden kennen: Feste Preise, gute Beleuchtung, reichhaltiges Warenangebot, buntes Dekor, absolute Sauberkeit und dem Kunden dienendes Personal.
Zwischen 1870 und 1890 eröffnete er über 300 Geschäfte und machte sich selbst zur Marke. Fotos von ihm galten als Begehrlichkeiten unter englischen Ladies. Als sich eine englische Teeindustrie in Indien etablierte, sah er die Chance ohne Zwischenhändler Tee zu importieren. Die Vernichtung der Kaffeeplantagen durch eine Pilzseuche auf Ceylon in den 1880er Jahren gab ihm eine historische Gelegenheit und er kaufte den insolventen Farmern tausende Hektar Land ab. Als Händler und Verkäufer gelang es ihm so direkt Produzent zu werden. Sein Motto lautete: Direkt vom Teegarten in die Teekanne. Neben Tee ließ er auch auf eigenem Land Kaffee und Kakao produzieren. Ferner kaufte er Obst- und Gemüseplantagen, Bäckereien und Konfitüre-Manufakturen. Für Aufsehen sorgte er durch spektakuläre Inszenierungen. Beispielsweise ließ er 1881 den weltgrößten Käse, bestehend aus der Milch von 800 Kühen, von Elefanten durch Glasgow paradieren. Da er Goldstücke im Käse versteckt hatte, gelang es der Polizei kaum die Zuschauermenge in Schach zu halten. 1890 ließ er eine Hundertschaft von schwarz geschminkten Schotten durch Glasgow laufen und proklamierte dass diese Inder nun den Tee frisch von der Plantage ins Lipton-Lager schleppten.
Da er 1897 das diamantene Thronjubiläum von Queen Victoria finanzierte  wurde er zum Ritter geschlagen. Kurze Zeit später erwarb er das Recht den britischen Königshof zu beliefern und vor allem damit zu werben. Als einer der reichsten Engländer konnte er seinen Kindheitstraum zu segeln verwirklichen und seine Yachten waren beliebte Treffpunkte für die zeitgenössische Prominenz. Er segelte fünfmal vergeblich beim Americas Cup mit, was ihm den Beinamen „the best of all losers” bescherte. Als er 1931 starb wurde Lipton als Marke an die Lebensmittelläden „Home & Colonial“ verkauft. Sein Vermögen ging an seine Heimatstadt. Bald sank in England der Konsum von Lipton-Tee. Aber im Rest der Welt erreichte sein Name eine marktbestimmende Macht. Seit 1972 gehört Lipton zum Konzern Unilever.

John Horniman: Der Erfinder der Teepackung

John Horniman (1803-1893) war als Quäker von allen Berufen ausgeschlossen die einen Eid erforderten, da sie sich einigen weltlichen Gesetzen nicht unterwerfen wollten. Er steckte seine Innovationskraft in die Wirtschaftswelt und gründete 1826 auf der Isle of Wright einen Teeladen. Hier bot er das erste Mal Tee in einer vorher verpackten Verkaufseinheit an. Diese Weltneuheit stieß bei der Konkurrenz auf Misstrauen, Spott und Verleugnung – bei der Kundschaft auf Begeisterung. Erstmalig wurde der Käuferschaft zugesichert, hierfür stand der Quäker Horniman mit seinem Ehrennamen, dass der Tee sauber und rein war. Also weder gefälscht, noch mit anderen Pflanzen oder mit giftigen Stoffen gemischt war. Da für Quäker Transparenz und Ehrlichkeit wichtiger waren als Profit, gelang es ihm auch die Kundschaft von seinem Qualitätsversprechen zu überzeugen. Die Gewinne seiner Firma waren die Basis für den bis heute aktiven wohltätigen „John Horniman Children’s Trust“.
1852 zog er mit seinem Geschäft nach London, was sich im 19. Jahrhundert zum Epizentrum des westlichen Teehandels entwickelte. Nun erfolgte seine zweite Revolution des Teeverkaufes: Die mechanisierte Abpackung der Teetüten. Hiermit sparte er massiv an Kosten und konnte seine Produktionskapazitäten enorm steigern. Da chinesischer Tee, nach der Etablierung der indischen Teeindustrie, einer gezielten Rufmordkampagne ausgesetzt war, verbreitete sich die Angst vor gefälschten Tee. Hornimans Tee galt als Vorbild und die zum Schutze der englischen Teetrinker entstehende Lebensmittelüberwachung lobte Horniman mehrfach für seinen Tee. In den 1890er Jahren entwickelte sich die Firma zur größten Teehandelsfirma der Welt. Als John 1893 starb verkaufte seine Firma jede Woche 25.000 kg Tee. Er vererbte 90 Prozent seines Vermögens (heute ca. 50 Mio. Euro) an gemeinnützige Institutionen und galt als wichtiger Unterstützer der Anti-Sklaverei Bewegung und Gegnern der Todesstrafe.
Sein Sohn Frederick übernahm das Unternehmen 1869, reiste durch die britische Teewelt und erwarb so viele koloniale Kulturgüter, dass er 1901 das Horniman Museum in London mit einem 65.000 m² Garten eröffnete. Hier sind noch heute rund 350.000 Museumsobjekte  zu betrachten. Der Enkel von John, Emslie, verkaufte die Firma nach dem Ersten Weltkrieg an Lyons Tea, welche wiederum bis zum Zweiten Weltkrieg eine der größten Teefirmen der Welt war. Heute gehört die Marke Horniman zu Douwe Egberts Unternehmensgruppe und ist in Spanien und Ibero-Amerika eine bekannte Teemarke. 

Robert Fortune: Notizen zum Teedieb

Robert Fortune (geb. 1812 in Schottland – gest. 1880 in London) war ein Botaniker und Pflanzenjäger. Er hatte keinen akademischen Abschluss, konnte jedoch durch sein Talent und seine harte Arbeit einige wichtige englische Botaniker von sich überzeugen. Er wurde 1842 von der königlich-botanischen Gesellschaft Britanniens auserwählt als erster Europäer in China Pflanzen zu erkunden, katalogisieren, erforschen und alles, aus dem man vielleicht Profit schlagen könnte, aus China zu schmuggeln.
Bis zum ersten Opiumkrieg (1839-1842) waren Europäer nur im Hafen Kanton zugelassen. Nach dem Krieg und dem Vertrag von Nanjing (29.08.1842) musste China nicht nur den Briten das Monopol im Opiumhandel zugestehen, sondern auch weitere Häfen (Xiamen, Fuzhou, Ningbo und Shanghai) für den Handel öffnen. Ins Hinterland durfte aber noch immer kein „Weißer“. Somit war es für Fortune durchaus gefährlich sich illegal im Landesinneren zu bewegen. Immer wieder hatte er Probleme mit Piraten, Landräubern oder Mobs von aufgebrachten Chinesen als sie entdeckten, dass sich ein weißer unter ihnen befand. Er war – bis auf eine Fieberkrankheit – aber nie wirklich in Lebensgefahr. Drei Jahre war er im süd-östlichen China unterwegs und sammelte hunderte von Pflanzenproben. Fortune wurde so zu dem einzigen britischen und damit auch europäischen Experten für chinesische Pflanzen.

Zurück in England konnte er nun sich und seiner kleinen Familie ein Leben „der gehobenen“ Mittelklasse finanzieren und arbeitete in einem botanischen Garten vor den Toren Londons. Er schrieb ein Buch über seine drei Jahre in China und veröffentlichte viele kleine Schriften zur chinesischen Flora. Im England des 19. Jahrhunderts waren zwei Dinge von großer Faszination: Pflanzen und Asien – und er war für beides der einzige Experte. Er hatte viele soziale Treffen und konnte sich in einer Gesellschaftsschicht, als beliebter Gast bewegen, die er sonst nie hätte erleben können. Eigentlich hätte er nun zufrieden sein können: Er leitete einen kleinen aber angesehen botanischen Garten bei London, der Welthauptstadt des 19. Jahrhunderts, er war in einem eigenen Haus mit Frau und Kind gut untergebracht, er hatte sogar eine Dienstmagd und war in der, von reichen adeligen Akademikern dominierten, Welt der Botanik zu dem Chinafachmann aufgestiegen. Doch er war nicht nach China gegangen weil er musste – sondern weil er wollte. Und der Abenteurer in ihm langweilte sich. Nach einigen Jahren hatte er seinen Bestand an exotisch-chinesischen Pflanzen verkauft und eigentlich auch mit jedem gesprochen und zum Dinner gegessen der sich für seine Abenteuer in China und sein Wissen über chinesische Flora interessierte. Somit war es für ihn ein großer Glücksfall, als ihn 1847 die EIC ansprach, ob er nicht für sie in China Teepflanzen und das Rezept zur Teeherstellung beschaffen könne. Sie boten ihm 500 % vom aktuellen Gehalt und das Recht an jeder Pflanze, die er neben der Teepflanze noch so finden würde. Somit konnte der Pflanzenjäger Fortune gar nicht anders als ja sagen.
Fortune lebte in einer Zeit in der die Industrialisierung England veränderte. Er konnte mit einem Zug fahren und mit Gaslichtern sein Haus beleuchten. Je mehr Menschen in die Städte (zu den Fabriken) zogen, desto mehr verloren sie ihren Bezug zur Natur. Botanische Gärten waren also nicht nur für die Forschung an den Pflanzen da, sie waren auch das einzige Stück Natur in manchen Städten. Fortune leitete einen botanischen Garten und hatte u.a. die Aufgabe herauszufinden mit welchen Pflanzen man welches Produkt verkaufen konnte. Ferner sollte gezeigt werden, welche Vielfalt an Pflanzen das globale Königreich England besaß. Als Linné anfing die Pflanzenwelt zu systematisieren, war auf einmal der Wunsch da, alles überall zu klassifizieren und damit die Welt zu verstehen. Jeder Forscher musste in die weite Welt aufbrechen und entdecken. So war auch Fortune in gewisser Weise in England unbefriedigt und hoffte auf eine erneute Reise nach Asien. Diese sollte nun 1848 erfolgen.
Bisher hatte die EIC es nicht geschafft in Indien Tee in einem Ausmaße und einer Qualität zu produzieren, die dem chinesischen Tee gleichwertig gewesen wäre. Man hatte durch den Opiumhandel China destabilisiert und es mit dem Opiumkrieg weiter an den Rand des Abgrunds gebracht. Die EIC hatte somit zwei Ängste: Würden die Chinesen selbst Opium produzieren und wären dann nicht mehr auf die bengalische Droge der Briten angewiesen? Dann müsste man den Tee wieder mit Silber bezahlen und würde keine Gewinne mehr erwirtschaften. Und: würde China in Zukunft noch ein zuverlässiger Handelspartner sein? Nun wo Rebellengruppen das Land (durch Opium[kriege] geschwächt) immer weiter verunsicherten. Es war also für die EIC und fast für das britische Empire von existentieller Wichtigkeit die Geheimnisse des Tees zu lüften. Fortune – als DER Experte für chinesische Pflanzen – sollte nun die Grundlagen für die britische Teeproduktion in Indien aus China beschaffen. Dies waren Teepflanzen, Teesamen, Teebauern und eine Herstellungsanleitung.  Tee war in China heilig und vor Ausländern streng behütet. Tee war für China die wirtschaftlich wichtigste Pflanze. Es ging Fortune also darum das bestgehütetste Agrar-Wirtschaftsgeheimnis des Kaiserreiches zu stehlen.
Bevor Robert Fortune den Auftrag zur Industriespionage bekam (seine zweite Reise) hatte man in Darjeeling riesige Landflächen den Einheimischen abgenommen. Rund 45.000 ha standen als Kultivierungsfläche zur Verfügung. Pro Jahr wollte man etwa 10 Millionen Pfund Profit erwirtschaften. Jetzt brauchte man Tausende chinesische Pflanzen. Fortune musste diese beschaffen. Hierbei war noch gar nicht die Rede von den 300.000 ha Dschungel die einige Jahre später in Assam für Teeplantage gerodet wurden und den Assamesen genommen wurden.
Er reiste über die Hafenstadt Shanghai ein – nach dem ersten Opiumkrieg nun auch für den Westen geöffnet – und engagierte zwei Helfer die aus der Region Anhui stammten. Dort war angeblich einer der besten chinesischen Tees zu finden. Die zwei waren seine Dolmetscher, Bodyguards, Tourguides, Teeexperten uvm. Ohne sie hätte er kaum einen Fuß außerhalb Shanghais setzen können – aber so drang er tiefer ins Hinterland ein als jemals ein Brite zuvor. Er verkleidete sich, frisierte seine Haare nach chinesischer Mode und wurde wann immer er mit Offiziellen zusammentraf vorher geschminkt. Alles damit er nicht als Brite auffiel. Kein Nicht-Chinese durfte das Landesinnere betreten. Bei Entdeckung hätte ihm der Tod gedroht. Überdies wäre er ein leichtes Ziel für Entführer, Piraten und Banditen gewesen, die Lösegeld hätten erpressen können. Er sprach wenig und sehr gebrochen Mandarin und wurde von seinen Helfern als Pflanzenenthusiast und Händler aus dem Norden vorgestellt. Da Fortune noch dachte, dass grüner und schwarzer Tee von 2 Pflanzen mit unterschiedlichen Umweltbedingungen stammen, plante er Reisen in verschiedene Regionen. Seine Aufgabe war es aus den besten Regionen Pflanzen und Samen so nach Indien zu transportieren, dass dort sofort hochwertiger Tee hergestellt werden konnte.
Fortune entdeckte bei seinem ersten Besuch in einer Teefabrik, dass grüner und schwarzer Tee aus den Blättern ein und derselben Pflanze hergestellt werden. Er beobachtete als erster Europäer den gesamten Herstellungsprozess. Dies war revolutionär und entscheidend für die spätere indische Teeindustrie. Aber er sah in China auch wie Tee, der für Europa bestimmt war, mit „Preußisch Blau“ – einem gesundheitsgefährdendem Zyanid und Gips bearbeitet wurde. Dies taten sie nicht um uns zu vergiften, sondern damit die grünen Blätter auch noch auf dem europäischen Verkaufstisch grün waren. Dies wurde von den Briten später benutzt um China-Tee als „Drachengift“ zu verleugnen: Mit Fortunes Berichten – die 1851 in London präsentiert wurden – legte man den Beweis vor, dass China Europa vergiften will. Der Absatz von China-Tee brach ein und der indische (britische) Tee setzte sich durch. Den Chinesen fehlte jedes Verständnis dafür, dass wir Europäer den Tee mit diesen Giftstoffen haben wollten (damit er grün aussieht) und dies verstärkte das Bild des europäischen Barbaren natürlich vor Ort. Neben Chinesen waren es aber vor allem Engländer selbst, die Teelieferung färbten und mit verschiedensten Stoffen mischten, damit der grüne Tee so aussah wie wir Europäer dachten, dass er aussehen müsste.
Das was Fortune in Anhui an Pflanzen und Samen mitnahm wurde von der Firma Dent & Co. in Shanghai eingelagert und nach Indien versendet. Der Seniorchef der Firma war ein begeisterter Gärtner und half Fortune gerne beim Export von chinesischen Pflanzen. Die Firma verdiente ihr Geld im Opiumhandel – der dann Dank der logistischen Leistung der Firma beim Versand der Teepflanzen einbrach. Als man kein indisches Opium mehr gegen China-Tee tauschen musste, weil man nun selbst in Indien Tee herstellte, ging die Firma Bankrott. Hätten sie Fortune nicht geholfen, hätten sie noch viele Jahre weiter Geld an der Opiumdroge verdienen können. Überdies leistete der chinesische Gärtner der Firma ihm unbezahlbare Dienste bei der Verpackung der Pflanzen für den Transport. Auch hier ist es wieder eine Person und ein Zufall der half die Weltgeschichte massiv zu verändern.
Fortune plante seine Pflanzen und Samen nach Kalkutta zu senden. Der dortige botanische Garten war gut 100 ha groß und der Chefbotaniker – Falconer (Prof. für Botanik) – war seit über 10 Jahren damit beschäftigt indischen Tee genießbarer herzustellen. Da die wilden Pflanzen besonders aus der Region Assam noch keine großen Mengen an „leckerem“ Tee lieferten, war er auf Fortunes China-Tee angewiesen. Nun erhielt er aus China sehr gute Pflanzen und entwickelte hunderte Kreuzungen die später in Darjeeling und Assam blühen sollten. Der Vorgänger von Falconer hatte die gesamten 1820er und 30er Jahre damit verbracht zu behaupten, dass es keinen indischen Tee gäbe. So wurde nie systematisch nach indischen Teepflanzen gesucht. Zu diesem Zeitpunkt hatte die EIC auch noch das Handelsmonopol mit China und es war nicht nötig Tee in Indien anzubauen.
Fortune sendete 1849 dann auch wirklich die große Anzahl von 13.000 Stecklinge und rund 10.000 Samen nach Kalkutta. Da das Schiff erstmal nach Ceylon fuhr und dann erst nach Kalkutta dauerte die Reise zwei Monate. Mehr als 90 % der Ladung waren tot. In Kalkutta tat es Falconer in der Seele weh, dass die Pflanzen gen Himalaya geschickt werden mussten, um dort im botanischen Garten von Jameson getestet zu werden. Jameson war ein schlechter Botaniker und er baute die Pflanzen falsch an (wie Reis). Nur 1 % überlebte unter ihm. Also war Fortune erneut gefragt und musste wieder in China auf Raubzug gehen.
Aus der Region Fujian bemühte sich Fortune im Sommer 1849 dann Pflanzen zu erhalten die den angeblich besten schwarzen Tee lieferten. In den Wu-Yi Bergen wurde der beste Bo-He (roter Tee) der Welt hergestellt. In England nannte man in Bohea. Seine Geheimnisse zu lüften, dass war eines der wichtigsten Ziele für Fortune. Er entdeckte, dass Tee sehr arbeitsintensiv war und im Vergleich zur gepflückten Kilomenge nur wenig Teeaufguss ergab (5:1).
Aus den Wu-Yi Bergen kam und kommt auch der Da Hong Pao Tee. Übersetzt heißt es Rote Robe und bezieht sich darauf, dass um das Jahr 1000 ein chinesischer Kaiser durch Tee aus dieser Region von seinem Fieber geheilt wurde. Er schenkte dem Mönch eine rote Robe, damit der Teestrauch gut überwintern kann. Tee von diesem Feld kostete ein Vermögen. Mit den Stecklingen klonte man über hunderte von Jahren die ursprüngliche Pflanze und Fortune konnte recht simpel diesen himmlischen Tee trinken und seine Pflanzen mitnehmen. Heute kosten 100g um die 15 €. Fortune war hier in einem Kloster untergebracht und als er den Mönchen das Da Hong Pao Rezept stahl, war dies der einzige Moment in den Jahren seiner Raubzüge, in dem er Scham zeigte. Die Spiritualität und die Gastfreundschaft der Mönche war selbst für einen zeittypsichen eurozentristischen Rassisten wie Fortune entwaffnend.
Während Fortune von Wu-Yi mit seiner Beute in Richtung Shanghai reiste, erlebte er auch immer wieder die Ausmaße der Opiumsucht. Um 1850 exportierten die Briten Opium im Wert von knapp 1 Mrd. Euro (heute gerechnet) nach China. Heute geht man davon aus, dass fast 70 Prozent von Armee und Landbevölkerung süchtig nach Opium waren.

Opium wurde von den Holländern als Handelsgut nach China eingeführt. Man tauschte es in geringen Mengen in Batavia gegen Tee. Opium war erst eine teure Droge der Oberschicht und sickerte langsam in untere Bevölkerungsschichten. Es war besonders wegen seiner schmerzstillenden und allgemein beruhigenden Wirkung bei der hart-arbeitenden Bevölkerung beliebt. Es führte jedoch dazu, dass das gesamte Volk in Lethargie verfiel und damit auch das Kaiserreich in sich zerfiel. Wie nur etwas später der kranke Mann am Bosporus (Osmanisches Reich) von den Europäern auseinander genommen wurde, demontierte man China und nahm sich an Wissen, Menschen und Regionen was einem beliebte. Das opiumsüchtige Volk der Han war nicht mehr in der Lage das Jahrtausende alte Reich zu verteidigen.
Nachdem Fortunes Pflanzen aus dem Grün-Tee Bereich Anhui durch Versagen der in Indien Beteiligten zu 99 % zerstört worden waren, experimentierte er in Shanghai weiter mit dem Wardschen Gefäß (Wardian Case) und es gelang ihm verschiedene chinesische Pflanzen(samen) nach Indien zu exportieren. Da nun alle Beteiligten wussten wie sie mit der Ware umzugehen hatten, sandte er dann seine Wu-Yi Pflanzen nach Indien und die große Mehrheit kam in den botanischen Gärten des Himalayas an. Nun konnte dort aus Tausenden Wu-Yi Samen Klone dieser exzellenten Pflanzen gezüchtet werden. Ein Grund warum Darjeeling-Tee noch heute so beliebt ist und als „Champagner unter den Tees“ bezeichnet wird, ist somit seine Da-Hong-Pao Basis.
Durch Fortunes Erfolge und Transportmethoden war es auf einmal möglich ganze Pflanzenarten über Kontinente hinweg zu verpflanzen und sie an ganz neuen Orten zu bewundern oder auszubeuten. Aber Fortune nahm nicht nur Pflanzen aus China mit nach Indien – auch Menschen. Viele Söhne von Teebauern wurden mit diversen Versprechen über Mittelsmänner angeworben. Offiziell durfte kein Chinese sein Land verlassen. Er war Besitz des Kaisers. Aber durch Korruption und den Staatszerfall nach dem ersten Opiumkrieg war es möglich Tausende Chinesen für Minen- und Eisenbahnbau in die USA zu bringen und Fortune konnte Hunderte Teebauern nach Indien bringen. Dies erledigte für Fortune wieder die Firma Dent & Beale (in Kanton/Shanghai/Hong Kong eine der „ältesten“ europäischen Firmen). Der Menschenraub über Shanghai für das britische Empire nahm extreme Ausmaße an – da man den Wegfall der afrikanischen Sklaven ausgleichen musste. Der Begriff „shangheid“ etablierte sich weltweit wenn man nicht das Wort „Menschenraub“ in den Mund nehmen wollte. Die Arbeiter waren für mind. drei Jahre unter Vertrag und erhielten einen überdurchschnittlichen Arbeiterlohn. Da sie aber hohe Strafen zahlen mussten, wenn sie gegen ihren Vertag verstießen (wozu schon Krankheit) zählte, waren sie de facto Zwangsarbeiter.
Im Himalayagebiet – besonders in Darjeeling – wartete man auf die guten chinesischen Pflanzen und Arbeiter. Jeder Teegarten bekam einen Chinesen. Am Ende seiner zweiten Chinareise traf sich Fortune für eine Woche mit Archibald Campbell, (Gründer des Darjeeling Tee) und dem für das Himalayagebiet zuständige Botaniker Jameson (der die erste Ladung Tee von Fortune zerstörte) und um ihr jeweiliges Wissen über Tee zusammenzutragen und damit die Wissensgrundlage für den Anbau in Darjeeling und Umgebung zu erschaffen.

Fortunes Erfolg war eine Katastrophe für China. Obwohl Tee fast nur gegen Opium getauscht wurde, kaufte nun erst recht keiner mehr chinesischen Tee. England übernahm mit seinem Darjeeling und Assam Tees die gesamte westliche Teewelt. Durch Fortune wurde das tausend Jahre alte Teemonopol der Chinesen gebrochen. (Japan wird nicht gerechnet, da sie Ende des 19. Jh. nicht exportierten). Nach seiner Rückkehr 1851 und der erfolgreichen Ansiedlung der Teepflanze in Indien reiste Fortune noch zwei Mal nach China und einmal auch nach Japan. Über 120 Pflanzen wurden nach ihm benannt.

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