Joseph Banks: Der Spiritus rector des indischen Teeanbaus

Banks (1743-1820) studierte in Eton und Oxford Naturwissenschaften mit dem Schwerpunkt Botanik. Kurz nach seinem Abschluss gehörte er als einer der reichsten Söhne Englands zu den Finanziers von James Cooks erster Reise. Banks selbst reiste nach Labrador und Neufundland, um neue Tier- und Pflanzenarten zu erforschen. Die zweite Reise von James Cook (1768-1771), jetzt in den Süd-Pazifik, führte er als wissenschaftlicher Leiter. Mit seinem Team sammelte er Belege für Hunderte neuer Arten und Gattungen aus Flora und Fauna. Für seine Zeitgenossen war Cook nur der Schiffsführer und Banks der Star der Expedition. I

n den 1770er Jahren unternahm er weitere Forschungsreisen nach Tahiti, Neuseeland, Australien und Brasilien. Wenn er zwischenzeitlich in London war, warb er Gelder für den botanischen Garten in Kew ein und ließ diesen so zum „Royal Botanical Garden“ werden. Aus dem gesamten Empire sendeten (Hobby-)Botaniker Pflanzenproben nach Kew, um hier untersuchen zu lassen, wo im Empire welche Pflanze den höchsten Profit erwirtschaften könnte. Somit positionierte sich Banks ins Zentrum des Empire Dreiecks aus Forschung, Politik und Landwirtschaft. Manifestiert wurde dies 1778 durch seine Ernennung zum Präsidenten der Royal Society. Bis zu seinem Tod leitete er die Gesellschaft, welche Wissenschaftler im gesamten Empire förderte und koordinierte. Die wichtigsten europäischen Universitäten ernannten ihn zum Ehrendoktor und nahmen ihn in ihre wissenschaftlichen Akademien auf.  

Zusammen mit Francis Baring (Direktor der EIC) und Lord Hawkesbury (Präsident der britischen Handelskammer) eruierte Banks schon in den 1780er Jahren inwiefern Tee im Empire angebaut werden könnte. Neben Indien hatte man die karibischen Inseln im Blick, da dort schon die notwendige Sklavenpopulation existierte. Wenn es darum ging „orientalische“ Pflanzen in das Empire zu bringen, war Banks mit seinem Netzwerk aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft der wichtigste Ansprechpartner. Ziel war immer den teuren Import zu beenden und selbst mit Sklaven ohne Rücksicht auf Indigene eine billige Produktion im Empire zu etablieren. Zimt, Nelken, Muskatnuss, Seide, Karmin und Tee waren seine Lieblingsprojekte. Die Etablierung von botanischen Gärten in Indien um bspw. mit Teeanbau zu experimentieren wurde von ihm jahrzehntelang gefördert. Neben der Beschaffung von Pflanzen, was oft illegal geschah, war auch der sichere Transport ins Empire ein Problem. Banks organisierte für einige Schiffe die Ausstattung mit Glaskabinen, sodass diese in einer Art Terrarium verschifft werden konnten. Das Wardsche Gefäß war freilich noch nicht erfunden. Immer wieder erreichten ihn Informationen über chinesischen Teeanbau und Produktion. 1788 verfasste er einen Plan um Tee in Indien mit chinesischen Pflanzen zu produzieren. Aufgrund des noch existierenden Handelsmonopols der EIC mit China fand er aber kaum finanzielle Unterstützung. Vier Jahre später setzte er durch, dass die diplomatische MacCartney Mission nach Peking auch Informationen über Tee sammeln sollte. Sowohl für Banks als auch den englischen Staat war die Reise aber ein Fiasko.  Als 1816 eine kartographische Expedition China erfassen wollte, finanzierte es Banks mit dem Hinweis, auch nach Tee Ausschau zu halten. Da es in Korsika, Süd-Frankreich und Rio de Janero Erfolge beim Anbau der Teepflanze gab, erlebte Banks noch die Antwort auf seine Frage, ob Tee außerhalb von China existieren könne. Nach seinem Tod 1820 offerierte die Royal Society zwei Goldmedaillen für den Mann, der das Teeprojekt ihres ehemaligen Präsidenten Banks vollenden würde. 1840 erhielt Bruce diesen Preis.

Da Banks über Jahrzehnte im kolonial-wissenschaftlichen System für Teeanbau in Indien warb, ist es unsicher ob oder in welcher Form es ohne ihn eine englische Teeindustrie in Indien gegeben hätte. Vorwürfe, dass er das Leid von Millionen von Indigenen in Kauf nahm für den billigen Anbau von Cash Crops sind sicherlich richtig. Aber das gesamte Empire basierte auf der Ausbeutung der Peripherie und somit ist Banks weder besser noch schlechter gewesen als Millionen seiner englischen Zeitgenossen.

Mehr:
Patrick O’Brian: Joseph Banks. A Life, University of Chicago Press, 1997

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