East-India-Company (EIC)

Da 1494 (Tordesillas-Vertrag) Amerika den Spaniern zugeschlagen worden war, durfte Portugal „Indien“ plündern. Diese Aufteilung hielt mehr oder weniger 100 Jahre an. Engländer gründeten 1600 die EIC und Holländer 1602 die VOC, um vom Kolonialwarenhandel profitieren zu können. Jetzt ging es nur noch darum möglichst hohe Gewinne für die Investoren zu erzielen. Der christlich-katholische Missionsgedanke, mit dem Spanier und Portugiesen die Welt eroberten, spielte keine Rolle mehr. Allgemein gilt für die Historie des Kolonialhandels, dass im 15. und 16. Jahrhundert Pfeffer und andere Gewürze dominierten, das 17. Jahrhundert das Jahrhundert der Stoffe war und dass das 18. Jahrhundert dem Tee gehörte. Am Ende des 18. Jahrhunderts importierten Europäer rund 50.000 Tonnen Güter jährlich aus Asien, die sie dort gegen Silber- und Goldbarren eintauschten, die sie anfangs aus Lateinamerika erhielten. Dort schufteten Indios als Zwangsarbeiter in den Minen und starben zu Tausenden.
Zurück zur EIC. Sie wurde 1600 von Händlern in London gegründet, um mit den Gewürzinseln im indischen Ozean zu handeln (East-Indies). 1608 fuhr das erste Schiff gen Asien und erreichte das indische Surrat. Sieben Jahre später gab es das erste Treffen mit dem indischen Mogul und er erteilte der EIC die Erlaubnis zur Errichtung einer Handelsstation. Da die Holländer im Gebiet des heutigen Indonesiens zu stark waren, wandte sich die EIC von ihrem eigentlich Ziel – dem Gewürzhandel ab – und suchte sich eine Region an der die VOC kaum Interesse hatte: Indien. Gut 100 Jahre nach dem ersten Treffen mit dem Mogul setzte die EIC 1717 gewaltsam durch, dass sie keine Steuern mehr in Indien zahlen musste. Sie begann nun, nicht mehr nur Handelsstationen an der Küste zu gründen, sondern große Teile Indiens, die nun zum privaten Besitz der EIC-Aktionäre wurden, zu erobern.
Nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) versuchte die EIC in Nordamerika Fuß zu fassen. Die Franzosen waren geschlagen und durch den EIC-Handel sollten in London die Kriegsschulden abgebaut werden. Hierfür setzte man u.a. eine Teesteuer auf. Diese führte in den zukünftigen USA zusammen mit der Nicht-Repräsentation der amerikanischen Kolonien im Londoner Parlament zu immer größerem Missmut, der letztlich in der Unabhängigkeit endete. Damit war der Amerikahandel für die EIC beendet. Man wandte sich nun wieder Asien zu. Von 1600 bis ins 19. Jahrhundert hinein war die EIC für England der Monopolist im Asienhandel. 1813 wurde der EIC jedoch das Monopol für den Indienhandel genommen. Ab sofort durfte jeder englische Händler Geschäfte in/mit Indien tätigen. Ihren Status als Verwalter von Indien behielt der EIC jedoch und baute diesen weiter aus.
Neben der sich langsam entwickelnden Kolonialherrschaft in Indien war China als alleiniger Lieferant des Tees immens wichtig. 1669 kaufte die EIC das erste Mal selbst in China im Hafen Amoy/Xiamen Tee ein steigerte den Import nach England jährlich. Am Vorabend der Opiumkriege wurden rund 35.000 Tonnen Tee aus China nach England per anno importiert. Diesen bezahlte man rund 100 Jahre mit Silber aus Lateinamerika, dann mit bengalischem Silber. Schließlich kam man auf die Idee mit Opium zu zahlen.
Immer wieder gab es in London Versuche der EIC auch den Chinahandel und damit den Teehandel zu entreißen. In allen Regionen der europäischen Welt war es billiger Tee zu kaufen als in London. Die teuren Preise der EIC verhinderten also quasi, dass das englische Lebensrecht auf Teetrinken ausgebaut werden konnte – so die damalige Sichtweise. Der Druck der anderen Händler war so groß, dass man 1834 der EIC (nach dem Indienmonopol 1813) auch das Chinamonopol nahm. Nun konnte jeder Händler von der EIC Opium in Indien kaufen und dies in China gegen Tee tauschen. Fast 100 Prozent des Tees, den wir Europäer zu dem Zeitpunkt tranken, kam aus China. Die Chinesen konnten sich erst nicht gegen die Opiumdroge wehren. Besonders die Korruption vor Ort verhinderte, dass die Zentralregierung ihren Willen in Kanton durchsetzen konnte. Der hohe Beamte Lin schaffte es dann zwar 1839 das Opium vor Ort zu vernichten, verärgerte die Engländer damit aber noch weiter. England sah in den 300 Millionen Chinesen einen riesigen Absatzmarkt. Dazu fühlte man sich seit Jahrzehnten von China respektlos behandelt. Die Vernichtung des Opiums 1839 war dann der Anlass mit einer Flotte und Soldaten vor Ort die Öffnung mehrerer Häfen durchzusetzen, Hong Kong zu übernehmen und den Opiumhandel zu legalisieren (1839-1842). Gut 10 Jahre später verschaffte man dem Drogenhandel durch den zweiten Opiumkrieg (1856-1860) nochmals Nachdruck. Hong Kong war die Zentrale des Drogenumschlags und wurde dank der riesigen Gewinne zu einer der reichsten Städte der Welt. Erst mit dem Ersten Weltkrieg endete der Opiumhandel der Engländer in China. Er gilt heutzutage als das größte wirtschaftliche Verbrechen eines Staates neben dem Sklavenhandel – den England ja auch von Spanien übernommen hatte.
Während in China die Opiumkriege und der dadurch verursachte Taiping-Aufstand (mit rund 30 Mio. Toten) wütete, hatte sich die EIC fast ganz Indien (heute Indien, Pakistan, Bangladesch) als Firmeneigentum angeeignet. Die Privatarmee bestand aus gut 200.000 Söldnern. Die EIC spielte die religiösen und ethnischen Unterschiede der Bevölkerungsgruppen jedoch immer ungeschickter gegeneinander aus. Durch die Kriegszüge und die Politik der Ausbeutung starben mindestens 30 % der lokalen Bevölkerung. Ferner basierte die Arbeitskraft der EIC auf Zwangs- und Sklavenarbeit. Für sie waren Inder und Indien Besitz ihrer Firma und keine gleichberechtigen Menschen. Somit war es egal wie hoch die Steuern waren oder ob das „Humankapital“ ausreichend Nahrung hatte. Mit dem Aufstand der Sapoy-Söldner 1857 und seiner brutalen Niederschlagung begann das Ende der EIC-Herrschaft in Indien. Londoner Politiker empörten sich gekonnt über den Massenmord an den Sapoy und benutzen ihn, um der EIC nach und nach Indien zu entreißen und die Besitztümer der Firma zu verstaatlichen. Für die Menschen in Indien spielte es natürlich kaum eine Rolle, ob eine britische Firma oder der Staat selbst sie ausbeutete. Englische Politiker ärgere es einfach, dass die 3.500 EIC-Aktionäre von der Ausbeutung Indiens profitierten, nicht aber der englische Staat. Die Aktionäre erhielten jedes Jahr rund 10 % Rendite. In späteren Jahren, wo die EIC „nur“ noch Verwalter Indiens und nicht mehr Händler war, musste man hierfür Schulden aufnehmen. Folgende Spirale begann sich nun immer schneller zudrehen: Je mehr der Kostendruck stieg, desto höher waren die Steuern und Repressionen in Indien, desto verärgerte waren die Inder, desto mehr Revolten starten sie, desto mehr Soldaten zum Niederschlagen der Rebellen musste die EIC besolden, was wiederum den Kostendruck erhöhte. 1858 musste die EIC der Queen letztlich Indien schenken und die hohen Schulden der Kompanie wurden auf die indischen Steuerzahler umgewälzt. Die 3.500 EIC- Aktionäre erhielten 100 % mehr Geld als ihr Aktienanteil eigentlich wert war – als Dank für 200 Jahre „Arbeit im Namen der englischen Krone“.  Die EIC verlor nun in London massiv an Rückhalt und wurde letztlich 1874 aufgelöst.
Zwischen dem Sapoy-Aufstand und dem Ende der EIC gelang es ihr jedoch federführend die Teeproduktion in Indien aufzubauen. Da China nun als unsicherer Handelspartner galt, nach dem man das Land ja selbst durch die Kriege in den Ruin getrieben hatte, experimentiere man in Assam und Darjeeling in immer größeren Gärten mit Tee. Darjeeling blieb auch am Ende des 19. Jahrhunderts eine kleine Anbauregion, während in Assam der Urwald (mind. 300.000 ha) gerodet wurde und riesige Teeplantagen (je zehntausende Arbeiter) entstanden. Die Arbeiter waren Sklaven- und Zwangsarbeiter aus ganz Indien. Da man nun in Assam viele Religionen und Ethnien mischte führte dies immer wieder (auch heute noch) zu kleinen und großen Aufständen. Da die Bedingungen in Assam in den ersten Jahren katastrophal waren, starben rund 30 % (also mehr als 10.000) Zwangsarbeiter vor dem Ende der EIC 1874.

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