Beginn des Teeanbaus in Assam

Im Februar 1834, nach dem Handelsmonopolverlust mit China, gründete die EIC eine Kommission um die Böden und das Klima in Indien auf möglichen Teeanbau zu prüfen. Ferner wurde überlegt wie man chinesische Teepflanzen importiert. Generell wurde zwischen den „wilden“ Pflanzen in Assam und den „edlen“ aus China unterschieden. Was hiervon für guten indischen Tee geeignet war, konstituierte einen jahrzehntelangen Streit der Botaniker. Die Entwicklung in Assam, von der ersten Entdeckung der Teepflanzen über die Hindernisse auf dem Weg zu einer Teeindustrie, wurde in England tagesaktuell verfolgt. Bereits 1839 orakelten einige Zeitungen, dass Assam-Tee das gesamte britische Empire verändern wird. Der Traum, Assam in einen großen Teegarten zu verwandeln, sollte Wirklichkeit werden. Für Indien war es ein Albtraum.
1838 veröffentlichte einer der Entdecker des Assam-Tees, Robert Bruce, wie sein „Chinaman“ Tee herstellte (An Account of Manufacture of Black Tea as Now Practised at Suddeya in Upper Assam). Der Import von chinesischen Teebauern gilt heute als das erste Beispiel für zwanghaften Wissenstransfer einer alten Zivilisation zu einer modernen Kolonie. Die in der ersten Zeit hochbezahlten chinesischen Facharbeiter wurden fast alle schnell Opfer des kolonialen Gewaltregimes oder der Singpho, die in ihnen Helfers Helfer der Briten sahen. Den Singpho (der dominierenden Ethnie in Assam) wurde Teeanbau nicht zugetraut und diese wehrten sich auch gegen die englische Okkupation. Ihr Assam-Urwald wurde vermessen und einheitlich in Plantagenland aufgeteilt. Ihre Besitzansprüche wurden ignoriert.
In den 1830er und 1840er wurden nun hunderte experimenteller Teeplantagen gegründet. Neben dem rein technischen Vorgang Tee zu produzieren, musste auch erprobt werden wie es zu organisieren war, wie Land und Leute eingeteilt werden mussten und welche Arbeitsprozesse effizient waren. Das Anheuern von Tagelöhner zeigte sich als nutzlos, da man Erfahrung und Geschick brauchte um Tee zu ernten. Ohne feste Arbeiter die an die Plantage gebunden werden, war es laut Bruce nicht möglich Tee zu kultivieren. Die EIC entschloss sich, nicht jede Plantage selbst zu betreiben, sondern das Land was sie als Ihren Besitz deklarierte an private Investoren zu verkaufen. Eine Idee war auch, dass man nur die Fabriken besitzt und die Bauern selbst pflücken lässt. Dies wurde aber zugunsten einer streng regulierten Arbeiterschaft verworfen. Die in Konkurrenz zu den Singpho stehende Ethnie der Kachari war in der ersten Zeit für Arbeit auf den Plantage zu gewinnen und erhoffte sich durch die Kooperation mit den Briten ein Überleben oder gar Vorteile gegenüber den Singpho. Da die Plantagen untereinander kaum Anschluss hatten und eher weit verteilte Lichtungen im Urwald waren, mussten dortige Arbeiter selbst Nahrung anbauen. Land wurde in weitaus größerem Maße für Tee nutzbar gemacht als geerntet werden konnte, sodass in den ersten Jahren der 1850er Jahre der Mangel an Arbeiter*innen zum Hauptproblem wurde. Streiks der Kachari, die mit der Zeit immer „unwilliger“ wurden, schlugen Polizei und Militär nieder.
Um die Bevölkerung von Assam zu Plantagenarbeiter*innen zu transformieren, wurden ihnen eigenständige agrarische Tätigkeiten immer mehr versagt, sodass sie bald nur noch Geld durch Arbeit auf Plantage verdienen konnten. Da auch dies keinen zu großen Erfolg hatte, ordnete der Gouverneur an, dass man Teeplantagen wie die Zuckerfarmen in Mauritius mit Zwangsarbeitern aus der Fremde versorgen sollte. 1859 gründete Teepflanzer eine Organisation mit dem Ziel die Beschaffung von bengalischen Arbeiter*innen zu bündeln. Die importierten Bengalen kamen aus verschiedenen regionalen und sozialen Strukturen. Im Laufe der 1860er wurde das Arbeiterregiment strenger geführt und die bengalischen Fremdarbeiter wurden zu Zwangsarbeitern degradiert.
Mehr: Nitin Varma: Coolies of Capitalism. Assam Tea and the Making of Coolie Labour, De Gruyter Oldenbourg, 2016.

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