Opiumkriege


Die Opiumkriege (1839–1842 und 1856-1860) gehören zu den drei großen Demütigungen mit denen „der Westen“ andere Völker erniedrigte. Die anderen beiden sind der Sieg Napoleons 1789 über das Mamelukenheer in Ägypten und die Öffnung Japans durch die amerikanische Navy 1854.
Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts hatte China seinen Rang als erste Großmacht Asiens behaupten können. Die vergangenen Feldzüge der Kaiser hatten die Finanzen erschöpft. Die wachsende Bevölkerung war nur durch die Ausweitung der Anbauflächen zu ernähren, was zu ökologischem Raubbau führte. Die Folgen waren Überschwemmungskatastrophen und Hungersnöte – gleichzeitig erodierte Korruption die Verwaltung. Dieser trostlosen Realität versuchte man mit Opium zu entfliehen.
Opium (Opos = Saft) war schon in der griechischen Antike als der Saft der Mohnkapsel bekannt, der Kummer und Schmerz betäubt. Opium hat sich der Mohn übrigens zugelegt, um sich gegen Heuschrecken zu verteidigen. Ein Biss in die Kapsel lähmt die Heuschrecke und führt zum Tod. Das Morphium im Opium blockt bei uns Menschen das Senden des Schmerzsignals. Dadurch entsteht ein Gefühl der Euphorie. Vermutlich verbreitete sich Opium mit den Eroberungszügen von Alexander dem Großen nach Asien. Zur Zeit der Opiumkriege wurde es noch geraucht. Oft auch das Destillat Morphium. Selten war es schon als hochwirksames Heroin verbreitet.
Hatte der Opium-Import um 1800 noch 4000 bis 5000 Kisten à 63,5 Kilogramm pro Jahr ausgemacht, war er 1834 auf 40.000 Kisten gestiegen, was 2,5 Mio. Kilogramm reinem Rauschgift entsprach. Für ein Kilogramm Opium braucht man übrigens etwa 20.000 Kapseln. Diese werden auf etwa 3.000 m³ verteilt. Briten mussten so also etwa 750.000 ha Opium Anbaufläche in Indien haben.
Während China zu Beginn des Jahrhunderts noch einen Überschuss an Silber von umgerechnet 26 Millionen Dollar erzielte (durch Export von Tee/Seide/Porzellan), flossen allein zwischen 1826 und 1836 etwa 38 Millionen Silberdollar in die Hände der britischen Drogenhändler. Das fachte die Inflation an und ruinierte den sich rasant verschlechternden Umtauschkurs zu Kupfermünzen. Beamte versuchten ihre Verluste durch Korruption zu kompensieren und den Bauern und Handwerkern bot ausgerechnet die Opiumpfeife die einzige Chance, diesem Kreislauf aus Hunger, Unsicherheit und Not zu entfliehen. Somit wurde Opium immer wirksamer in der Vernichtung der Gesellschaft.
Ursache des ersten Opiumkrieges war der Unwille der Briten für die in China gekauften Waren (Tee/Seide/Porzellan) weiterhin Silber zu zahlen. Man versuchte seit dem Ende des 18. Jahrhunderts Opium gegen Tee zu tauschen. Je mehr sich die Chinesen hiergegen wehrten, desto energischer wurde der britische Wille mit einem Krieg China zu unterwerfen. Der chinesische Kaiser hatte zwar 1815 den Opiumhandel verboten, konnte aber erst 24 Jahre später mit der Vernichtung des Lagerbestandes in Kanton 1839 einen sichtbaren Erfolg erzielen. Englische Händler flüchteten nach der Verbrennung des Opiums ins benachbarte portugiesische Macao. In England stellte man es so dar, dass die englische Bevölkerung des Handelspostens nun dem Tode nahe sein. Da man dies nicht hinnehmen konnte und sich eh seit Jahrzehnten von China gedemütigt fühlte, war es nun an der Zeit diese imaginäre Rechnung den Chinesen heim zu zahlen.
Die Royal Navy konnte in neun Minuten die gesamte chinesische Marine vernichten, da viele Matrosen opiumsüchtig waren. Ferner schrieb ein deutscher Augenzeuge: „Es war ein ungleicher Krieg, in dem die Chinesen mit hölzernen Sampans gegen gepanzerte Kanonenboote kämpften, mit Lanzen und Schwertern gegen moderne Artillerie, mit Bauernmilizen gegen Berufssoldaten“. Nach drei Jahren diverser Scharmützel entlang des Perlflusses willigte China in einen Friedensvertrag ein. Als künftige Basis für den Handel wurde im August 1840 die Insel Hongkong in der Mündung des Perlflusses besetzt, was am 20. Januar 1841 durch einen Vertrag mit dem regionalen Gouverneur sanktioniert wurde. Am 29. August 1842 wurde vor Nanking einen Vertrag unterzeichnet, der britischen Kaufleuten freien Zugang zu chinesischen Häfen eröffnete, die Abtretung Hongkongs bestätigte und 21 Millionen Dollar von China an Reparationsleistungen forderte.
14 Jahre später erklärten die Briten China erneut den Krieg. Der Anlass: Chinesische Beamte hatten ein unter britischer Flagge fahrendes Schiff aufgebracht, das illegal Opium transportierte, und die Besatzung verhaftet. Mit französischer Hilfe waren die chinesischen Truppen innerhalb von zwei Jahren besiegt. Der neue Friedensvertrag, dem auch Russland und die USA beitraten, erweiterte den Zugang ausländischer Handelsunternehmen nach China. Als sich Kaiser Xianfeng jedoch weigerte, ausländische Botschaften in Peking zuzulassen, wurden die kriegerischen Handlungen wieder aufgenommen.
Der sofortige Sturz des Kaiserreiches konnte nur verhindert werden, da russische Artilleristen mit vermutlich preußischen Kanonen die englische Flotte so stark beschädigten, dass die Briten sich zurückziehen mussten. Dennoch gelang es den Briten und Franzosen den Sommerpalast zu zerstören und damit die größte und wertvollste Sammlung von Schriften die die Menschheit je gesammelt hatte. Hiermit wurde das historische Gedächtnis Chinas ausgelöscht. 300 Wagenladungen voller Juwelen, Seide, Gemälde und Skulpturen, Teppiche, Leuchter und Möbel wurden fortgeschafft. Zur Kriegsbeute gehörten auch fünf kleine Pekinesen, die als Urahnen der europäischen Rassehunde gelten.
Unter Mao wurde jeder, der mit Opium angetroffen wurde sofort erschossen. Dies endete die Herrschaft des Opiums über China. Konservative Schätzungen gehen von 50 Mio. Toten aus – nicht eingerechnet die 25 Mio. Opfer des Taipings-Aufstandes oder die 3 Mio. der japanischen Herrschaft. Ein Nebeneffekt des Opiumhandels war, dass im indischen Anbaugebiet zu wenig Ackerfläche für Nahrung übrig blieb. Insgesamt starben etwa 30 Mio. Inder an Hunger während der EIC-Herrschaft.
Karl Marx resümierte zu den Opiumkriegen: Sklavenhandel hat wenigstens noch ein Interesse den Menschen als lebendige Ware zu erhalten. Beim Opium geht es darum Menschen zu vernichten.

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