Vor dem gewaltsamen Eindringen der Europäer in den asiatischen Handelsraum spielte Opium nur als Medizin bei einem kleinen Teil der gesellschaftlichen Elite eine Rolle. Die Violent Opium Company (eigentlich: Vereinigte Ostindische Handelscompanie), handelte in ihren ersten Dekaden nur wenige hundert Kilogramm pro Jahr. Erst mit der Eroberung der Malabarküste in den 1660er Jahren stieg sie in die Produktion ein und steigerte bis zum 18. Jh. die Handelsmenge um das 50x. Im Bewusstsein, das Opium ein moralisch verwerfliches Geschäft war, wurde seine Rolle in Europa so gut es ging verschwiegen und zur Legimitation eine asiatische Konsumtradition frei erfunden. Scheinheiligkeit ist aber noch ein harmloses Wort um die narko-militärischen Regime des Westens in Asien zu beschreiben. Die VOC katapultierte Opium nicht nur zur Massenware schlechthin, sie nutze es auch als Erstes um ihre Arbeitssklaven gefügig zu machen und mögliche Proteste im Keim zu betäuben. Aufstände wurden von der Flotte zerbombt und verursachte ein Überangebot einer Ware zu niedrige Preise, wurden die Lager vernichtet. Ein ähnliches Schicksal drohte allen die dem angestrebten Monopol im Wege standen. Europäer bekämpften sich selbst und lokale Konkurrenten gleichermaßen, sodass die Gewinne aus dem Opiumhandel durch Militär und Verwaltung aufgezehrt wurden. Für die Zeitgenossen war nicht die zugrundeliegende Strategie der Kolonialherrschaft an den steigenden Kosten schuld, sondern Inkompetenz und Korruption vor Ort.
Bis zum Eintritt Spaniens in den US-Bürgerkrieg und diesem Versiegen der latein-amerikanischen Silberquellen bezahlte die EIC in China ihre Einkäufe bar. Dann wechselte man auf Baumwolle und Opium als Tauschmittel und immer mehr Silber floss aus China wieder zurück gen Westen, was vor Ort die Kupferwährung entwertete. Die erste Kiste EIC-Opium wurde 1782 in Kanton angelandet und war der Auftakt einer unvorstellbaren Opiumflut. Die EIC und Firmen wie Matheson & Jardine verstießen kontinuierlich gegen englisches und chinesisches Recht. Die astronomischen Gewinne rechtfertigten dieses menschenverachtende Geschäft. Der innerasiatische Handel der EIC war von Korruption geprägt, da nur lizensierte Personen handeln durften. Alle anderen wurden als Schmuggler bezeichnet, bekämpft und bildeten letztlich die Keimzelle für spätere anti-koloniale Guerillas. Der Fokus auf Opiumanbau sorgte für einen Mangel an Lebensmitteln und Hungersnöten. Opium, gemessen am Wert, war das wichtigste Produkt im Globalhandel und England konnte nur dank des Opiumhandels sein Empire im 19. Jh. weiter ausbauen. Finanziert wurde der Drogenhandel von Banken wie HSBC oder Goldman Sachs. Sie investierten ihre Gewinne in die Transformation Japans in einen modernen Industriestaat, was es diesem rasch ermöglichte Ost-Asien zu okkupieren und sogar die USA anzugreifen.
Anderen europäischen Kolonialstaaten mischten in Süd-Ostasien ebenfalls im Drogenhandel mit – allen voran Frankreich in Indochina. Die sichtbarsten Zeichen für die Profite war der Reichtum von Hong Kong, Shanghai, Singapur, Rangoon und Bangkok. Sie waren alle Drehscheiben der halb-staatlichen europäischen Drogenregime. Frankreich hoffte durch das goldene Dreieck (Thailand, Burma, Laos) Einfluss in China zu gewinnen und etablierte dort eine narko-militärische Herrschaft. Die USA nutzten dies nach dem Zweiten Weltkrieg in Burma aus. Sie erschufen den Militärstaat Myanmar als Bastion gegen China („The western states became the worst violators of everything they stood for at home“.)
Die chemischen Derivate Morphium und Heroin schwappten dann in die westlichen Verursacherstaaten zurück und auch hier wurde das Drogenproblem individualisiert und nicht in einen makro sozio-ökonomischen Kontext gesehen. Wie früher die Chinesen schuld an ihrer Sucht waren, sind es nun die eigenen Bürger. Der Westen bekam nun seine eigene Medizin zu schmecken.
Mehr: Hans Derks: History of the opium problem. The Assault on the East 1600-1950, Leiden, 2012.