Obwohl Chai heute in all seinen Formen das beliebteste indische Nationalgetränk ist, hat es seine Wurzeln in der fremdbestimmten Ära des Kolonialregimes. Während der brutalen Etablierung der indischen Teeindustrie durch England war es nicht vorgesehen, dass dieses Luxusgetränk von Indern selbst getrunken wurde. Auch gab es vor der englischen Okkupation außerhalb der Adelsklasse keine Gewohnheit Tee zu trinken. Erst in den Jahren der Weltwirtschaftskrise um 1930 versuchte England seiner Kolonie das Teetrinken beizubringen. Die produzierten Teemassen, die in westlichen Ländern keine Käufer mehr fanden, sollten jetzt in Indien abgesetzt werden. Hierbei orientierte man sich an Methoden der christlichen Missionare. Tee galt als Zivilisationsgetränk das den angeblich faulen und dreckigen Indern Reinheit und Fleiß offenbaren sollte. An jeder Straßenecke und den Bahnhöfen gab es Teestände für „richtigen britischen Tee“. Diese Versuche misslangen weil Ghandi und andere Freiheitskämpfer gegen Tee agitierten. Unzählige Inder starben für die Profite der englischen Teeindustrie und Tee galt als ausländische Droge. Ferner wurden viele Krankheiten propagandistisch auf Teekonsum gemünzt.
Nach der Unabhängigkeit 1949 versuchte die nationalisierte Teeindustrie, die ein wichtiger Devisenaggregator des Landes war, ihre Mitmenschen für Tee zu begeistern, was aber aufgrund der hohen Preise und des schlechten kolonialen Nachhalls wenig erfolgreich war. Nur in Mumbai entstand durch iranische Migranten eine Teekultur nach persischen Vorbild: ohne Milch aber mit viel Zucker. Schnell wurde aber die englische Vorliebe für Milch in der ehemaligen Kolonie in die Tasse integriert. Erst mit den günstigen und sehr kräftigen CTC-Tees der 1960er und 1970er Jahre und einer Generation die nicht unter englischer Herrschaft aufwuchs, konnte sich Tee durchsetzen. Dank der CTC-Tees konnten sich nun auch Ärmere einen starken „reiche Leute Tee“ leisten, der sich früher durch hohe Blattmasse pro Tasse auszeichnete. In den 1980er Jahren setzten sich die verpackten Tees der Supermärkte gegen die losen Tees der kleinen Händler durch.
Im ländlichen Nord- und Ostindien trinkt man eher zu Hause seinen Tee, während man im urbanisierten Süd-Westen oft an einem Stand oder Arbeitsplatz seinen Tee trinkt. Mit der Verbreitung von Werbung in digitalen Medien gelingt es der Industrie immer besser den Menschen vor Ort einzureden wie sich ein moderner Inder ernähren sollte. Verschiedene Tees werden mit gesundheitlichen oder Lifestyle Vorteilen beworben. Viele Marken versuchen sich vom einfachen Chai des armen Arbeiters abzusetzen und ihren Kunden eine möglichst exklusive Vorstellung von Geschmack zu verkaufen. Der Pro-Kopf-Konsum liegt bei etwa 800g pro Jahr und damit weit unter den ostfriesischen 3kg.
Monat: Juli 2022
Tee für Opium und vice versa
Vor dem gewaltsamen Eindringen der Europäer in den asiatischen Handelsraum spielte Opium nur als Medizin bei einem kleinen Teil der gesellschaftlichen Elite eine Rolle. Die Violent Opium Company (eigentlich: Vereinigte Ostindische Handelscompanie), handelte in ihren ersten Dekaden nur wenige hundert Kilogramm pro Jahr. Erst mit der Eroberung der Malabarküste in den 1660er Jahren stieg sie in die Produktion ein und steigerte bis zum 18. Jh. die Handelsmenge um das 50x. Im Bewusstsein, das Opium ein moralisch verwerfliches Geschäft war, wurde seine Rolle in Europa so gut es ging verschwiegen und zur Legimitation eine asiatische Konsumtradition frei erfunden. Scheinheiligkeit ist aber noch ein harmloses Wort um die narko-militärischen Regime des Westens in Asien zu beschreiben. Die VOC katapultierte Opium nicht nur zur Massenware schlechthin, sie nutze es auch als Erstes um ihre Arbeitssklaven gefügig zu machen und mögliche Proteste im Keim zu betäuben. Aufstände wurden von der Flotte zerbombt und verursachte ein Überangebot einer Ware zu niedrige Preise, wurden die Lager vernichtet. Ein ähnliches Schicksal drohte allen die dem angestrebten Monopol im Wege standen. Europäer bekämpften sich selbst und lokale Konkurrenten gleichermaßen, sodass die Gewinne aus dem Opiumhandel durch Militär und Verwaltung aufgezehrt wurden. Für die Zeitgenossen war nicht die zugrundeliegende Strategie der Kolonialherrschaft an den steigenden Kosten schuld, sondern Inkompetenz und Korruption vor Ort.
Bis zum Eintritt Spaniens in den US-Bürgerkrieg und diesem Versiegen der latein-amerikanischen Silberquellen bezahlte die EIC in China ihre Einkäufe bar. Dann wechselte man auf Baumwolle und Opium als Tauschmittel und immer mehr Silber floss aus China wieder zurück gen Westen, was vor Ort die Kupferwährung entwertete. Die erste Kiste EIC-Opium wurde 1782 in Kanton angelandet und war der Auftakt einer unvorstellbaren Opiumflut. Die EIC und Firmen wie Matheson & Jardine verstießen kontinuierlich gegen englisches und chinesisches Recht. Die astronomischen Gewinne rechtfertigten dieses menschenverachtende Geschäft. Der innerasiatische Handel der EIC war von Korruption geprägt, da nur lizensierte Personen handeln durften. Alle anderen wurden als Schmuggler bezeichnet, bekämpft und bildeten letztlich die Keimzelle für spätere anti-koloniale Guerillas. Der Fokus auf Opiumanbau sorgte für einen Mangel an Lebensmitteln und Hungersnöten. Opium, gemessen am Wert, war das wichtigste Produkt im Globalhandel und England konnte nur dank des Opiumhandels sein Empire im 19. Jh. weiter ausbauen. Finanziert wurde der Drogenhandel von Banken wie HSBC oder Goldman Sachs. Sie investierten ihre Gewinne in die Transformation Japans in einen modernen Industriestaat, was es diesem rasch ermöglichte Ost-Asien zu okkupieren und sogar die USA anzugreifen.
Anderen europäischen Kolonialstaaten mischten in Süd-Ostasien ebenfalls im Drogenhandel mit – allen voran Frankreich in Indochina. Die sichtbarsten Zeichen für die Profite war der Reichtum von Hong Kong, Shanghai, Singapur, Rangoon und Bangkok. Sie waren alle Drehscheiben der halb-staatlichen europäischen Drogenregime. Frankreich hoffte durch das goldene Dreieck (Thailand, Burma, Laos) Einfluss in China zu gewinnen und etablierte dort eine narko-militärische Herrschaft. Die USA nutzten dies nach dem Zweiten Weltkrieg in Burma aus. Sie erschufen den Militärstaat Myanmar als Bastion gegen China („The western states became the worst violators of everything they stood for at home“.)
Die chemischen Derivate Morphium und Heroin schwappten dann in die westlichen Verursacherstaaten zurück und auch hier wurde das Drogenproblem individualisiert und nicht in einen makro sozio-ökonomischen Kontext gesehen. Wie früher die Chinesen schuld an ihrer Sucht waren, sind es nun die eigenen Bürger. Der Westen bekam nun seine eigene Medizin zu schmecken.
Mehr: Hans Derks: History of the opium problem. The Assault on the East 1600-1950, Leiden, 2012.
Japan und sein Tee in westlichen Reiseberichten
Okakura Kakuzo, dessen Werk „The Book of Tea“ von 1906 noch heute eine Einleitung in japanischen Tee-Ismus bietet, war recht gut mit den Asienfans der US-Elite vernetzt. Er war darauf angewiesen dass sie ihm als Japaner und Bindeglied zwischen den Kulturen Aufträge vermittelten. Mit dem Buch wollte er deren Interesse an der japanischen Teekultur monetisieren und das zirkulierende Halbwissen einordnen. In der Regel basierten um 1900 Informationen über japanische Teekultur auf Hören-Sagen von Touristen und fraglichen Übersetzung einer Handvoll asiatischer Texte. Sein Buch sollte ein tiefes Verständnis für die komplexe Teezeremonie schaffen und so als Folie für die Vielseitigkeit Asiens dienen.
Die Beschäftigung mit japanischen Tee begann durch die ersten Missionare. Da Tee aber weder als hilfreich noch hinderlich für die Christianisierung angesehen wurde, notierten Portugiesen und Niederländer nur wenige Zeilen hierzu. Die Reiseberichte des 19. Jhs. übernahmen in der Regel die alten Blickwinkel, erkannten aber das die alten Teezeremonien im Zuge der Modernisierung der Gesellschaft an Bedeutung verloren. Da ihnen diese Art des Teegenusses arg fremd war, waren die Reisenden durch die Bank froh wenn sie die Zeremonie überstanden hatten. Positiv schrieb Eliza Scidmore, die erste Frau in der National Geographical Society, dass sie sich nicht nur in andere Jahrhunderte sondern ein anderes Universum versetzt gefühlt hatte.
Robert Fortune war auch bei Japanreisen Pionier. Er begleitete in den 1850er Jahren Diplomaten wie Sir Rutherford Alcock nach Japan und verglich seine Eindrücke mit Teeritualen in China und England. 30 Jahre später bereiste der Yale-Gelehrte John Stoddard Japan und erklärte dass das Interieur eines Teehauses, das Fortune mit den Ausflugslokalen reicher Londoner gleichsetzte, mit seinen vielen kleinen Merkwürdigkeiten, typisch für das Kindliche im Asiaten sei. Die wenigen Möbel seien mehr als komisch und japanische Kalligraphie sei unschön. Das Schlafen auf dem Boden und die Raumtrennung durch Papierwände waren für ihn absolute Zeichen von Unterentwicklung. Obwohl es bis 1900 hunderte Reiseberichte über Japan gab, erweiterte sich das Wissen kaum. Die Weltumseglerin Anna Brassey verglich das Teehaus eher mit einem Restaurant in dem auch Tanzdarbietungen gezeigt werden und kam damit der Realität näher.
Westliche Männer beschäftigen sich mehr mit den Mädchen die den Tee servierten als mit dem Getränk an sich. Der Topos des unschuldigen Schulmädchens diente als Vergleich für die sexistischen Bedürfnisse der Leserschaft. Die „Illustrated London News“ veröffentlichten in den 1870er mehrere Zeichen- und Fotoserien über japanische Frauen und die damaligen Motive wurden bis zum Ersten Weltkrieg von den Reisenden lediglich reproduziert. Die angeblich verruchte Atmosphäre von Frauen, Tanz, Tee und Sake bespielte die erotischen Ideen der Leserschaft, die sich unter dem angeblich schlechten Ruf dieser Etablissements ganz besonderen Spaß imaginierten. Dies wurde auf die Spitze getrieben als Baron Raimund von Stillfried 1873 für die Wiener Ausstellung ein Teehaus und Japanerinnen importiere und diese als Prostituierte anschaffen gehen ließ.
Da in den Häfen Teeverladung eine sichtbare Erscheinung war, wurden stellenweise in den Reiseberichten auch Produktion und Handel von Tee thematisiert. Während Reisende aus England kaum Interesse am Japantee hatten, spielte es für die USA, die Ende des 19. Jh. der größte Importeur von Japantee waren, eine wichtige Rolle. Scidmore berichtete 1891 als Erstes über die Tee-Ernte in Shizuoka und Uji und ließ die Pflückerinnen fotografieren. Die bald illustrierten Reiseführer sorgten dafür, dass Touristen immer nur die gleichen Orte besuchten, gleiche Erlebnisse hatten und alternative Erzählmuster über japanische Kultur und Gesellschaft nicht aufkamen.
Mehr: Allen Hockley: Other Tea Cults, in: Review of Japanese Culture and Society, Vol. 24, University of Hawaii Press, 2012.
Die Anfänge des chinesisch-amerikanische Teehandels
Mit der „Empress of China“ erreichte 1784 das erste US-Handelsschiff China. Dort wurde neben Silber auch Papiergeld und Handelskredite, die meist mit Waren bezahlt wurden, als Währung akzeptiert. Überdies lernte „der Westen“ hier das Prinzip von Versicherungen auf Handelsverträge kennen. So wurden auch die Waren der „Empress of China“ über Kredite und nicht mit Silber bezahlt. Als sie im Mai 1785 wieder in NY einlief machte der Tee an Bord etwa 90 Prozent des Warenwertes aus. Neben Fellen war in China besonders der amerikanische Ginseng beliebt.
Da es in den ersten Dekaden ihrer Existenz für die USA schwer war an Kredite zu kommen, zeigten sie sich zuerst dankbarfür die chinesische Hilfe . Ferner freuten sie sich, dass sie durch ihren China-Tee in Europa Zugang zum Kreditmarkt erhielten. Aufgrund des Bargeldmangels um 1800 war es für amerikanische Händler schwer an Dollar zu kommen. Somit waren Kredithandel und Bezahlung per Silber willkommene Alternativen. Dank dem wirtschaftlichen Kreditsystem war es für die US-Händler möglich den Handel und die Bezahlung der Waren zeitlich unabhängig voneinander zu gestalten. Außerdem konnte so das wenige Bargeld für die binnenwirtschaftliche Entwicklung der USA genutzt werden.
Der Kredithandel mit China sah in der Regel so aus, dass man u.a. Tee auf Kredit kaufte und schriftlich versicherte diesen mit 1 Prozent Zinsen im Monat im nächsten Jahr zu bezahlen. Mit den Profiten wurden Ginseng, Felle und Silber in den USA gekauft umso bei der nächsten Schiffsreise die alten Kredite in China zu begleichen. Umgerechnet in heutigen Wert betrugen die Jahreskredite um 1800 rund 10 Milliarden Dollar.
Bezahlten die US-Händler ihre Schulden nicht, verklagten die chinesischen Hong sie vor dem NY Kanzleigericht. Die meisten US-Händler meldeten darauf entweder Insolvenz an oder verklagten die Chinesen wegen angeblich minderwertigen Tee, den sie nicht zum erwarteten Preis verkaufen konnten. In der Regel gaben die US-Gerichte ihren Händler Recht und die chinesischen Kreditgeber gerieten in der Heimat in Zahlungsnot. Alleine der Consequa genannte Händler beklagte 1814 ausstehende Zahlungen in heutiger Höhe von 14 Mrd. Dollar nur aus Philadelphia.
US-Händler nutzten chinesische und europäische Schuldverschreibungen als Zahlungsmittel und tauschten beide untereinander aus. Im US-Handel galten die chinesischen Schuldscheine für US-Händler als genauso gutes Geld wie bare Münzen. Die US-Händler investierten ihre Gewinne in neue Schiffe, gründeten Banken oder intensivierten ihren Sklavenhandel. Andere kauften Textilfabriken oder tausende Hektar Land. Ab und an wurde auch Geld für private Bildungs- und Wohlfahrtseinrichtungen ausgegeben.
Einfallstor für die USA zum europäischen Geldmarkt waren die Niederlande, die dem neuen Staat gerne gegen ihren alten Feind England finanziell zur Seite standen. Darüber hinaus nahmen Niederländer den China-Tee der US-Schiffe ab, um diesen in Europa teils illegal zu verkaufen. Die napoleonischen Kriege hatten den europäischen Import von Tee aus Asien unterbrochen und die USA nutzten diese Chance und transportierten etwa 15.000 t Tee zwischen 1790-1800 nach Europa. Nach dem US-Britischen Krieg von 1812-1815 organisierten sich einzelne Händler zu Gesellschaften und starteten damit erneut in den Chinahandel.
Mehr: Dan Du: Green Gold and Paper Gold: Seeking Independance through the Chinese-American Tea Trade 1784-1815, Wake Forest University, Early American Studies, Winter 2018.
Tee in Vietnam: Geschichte und Produktion
Obwohl fast niemand an Vietnam denkt, wenn es um Tee geht, ist das Land der sechstgrößte Produzent (300.000 t) und fünftgrößter Exporteur (150.000 t) weltweit.
Mit China hat das Land eine 1400 km lange Grenze und wurde ein Millennium von China beherrscht. Doch die Wurzeln für Vietnam-Tee reichen tiefer in die Historie zurück. Teepflanzen wuchsen bereits vor der chinesischen Besatzung im heutigen Vietnam und die Nomaden der Grenzregion hatten ihre eigenen indigenen Teekulturen. Einige dieser sozialen Verhaltensformen haben bis heute Gültigkeit. So ist es immer noch unfreundlich einem Gast nicht erstmal eine Tasse Tee anzubieten. Die Teepause war und ist essentieller Bestandteil der Alltagskultur in den Anbauregionen. Mit den Chinesen kam auch ihre Hierarchie. Reiche Personen ließen sich Tee nach festen Regeln und mit bestimmten Utensilien servieren. Tee war ein Instrument um soziale Rangordnung zu repräsentieren. Heute findet man nur noch bei entlegenen Landbewohnern die diversifizierten tradierten Teekulturen. Je jünger und verstädterter eine Person ist, desto eher entfremdet sie sich mit individuellen Teebeuteln vom sozialen Ereignis Tee trinken.
Eine nationale Teeproduktion kam erst mit der französischen Kolonialherrschaft. Um ihre Zwangsabgaben zu erfüllen erhöhten ihre Erntemengen,. Viele heutige Teepflanzen stammen noch aus dieser Phase. Ab 1890 versuchte die Kolonialmacht mit Plantagen eine Teeindustrie aufzubauen. Man konnte sich aber nie gegen die englische und niederländische Konkurrenz durchsetzen. Bis 1945 stieg die Anbaufläche auf 13.000 ha und der Ertrag auf 6.000 t. In den 30 Jahren des Vietnamkrieges zerfielen Forschung, Anbau und Produktion. Nach dem Krieg förderten die Sowjets die Schwarzteeproduktion. Mit dem Ende der Sowjetunion zerfiel auch die Schwarzteeproduktion in Vietnam. So bemühte man sich in den 1990er Jahren um Kooperationen mit anderen Konsumländern. Mittlerweile stehen etwa 130.000 ha unter Tee und der Teesektor beschäftigt eine halbe Million Menschen.
Die vietnamesische Teewelt ist aber gespalten. Es gibt hervorragende Terroirs und kleinbäuerliche Handwerkskunst die Kennern Spitzentees zu guten Preisen liefert. Hier wird auch die vietnamesische Tradition in Anbau und Produktion geschätzt. Viele der Kleinbauern verkaufen ihren Tee aber an Fabriken die Tees für den Export produzieren. Hier wird Vietnam-Tee ohne Nennung in indischen und chinesischen Mischungen verwendet. Seit dem Beitritt zur WTO 2007 übernehmen internationale Großkonzerne immer mehr Anbaufläche. Kleinbauern lockt hier das schnelle Geld. Die Konzerne können in Monokulturen mit modernsten Techniken und Maschinen hohe Erträge aus den Böden saugen. Viele Bauern müssten ihre Kultivare gegen neue ertragreichere Varianten tauschen, scheuen aber eine Investition. Die Erfahrungen des 30-jährigen Krieges lassen sie lieber das Geld der Konzerne nehmen als die Unsicherheit „Zukunftsinvestition“ zu wagen.
Einer der wichtigsten Investoren ist Taiwan. Deren Tee ist weltweit beliebt aber die Anbaufläche auf der Insel begrenzt. In Vietnam können in vergleichbaren Terroirs ähnlich gute Oolongs wie auf Formosa produziert werden. Chinesen lassen eher Long Jing pflanzen um den Bedarf des Westens so zu decken. Mit jeder ausländischen Kooperation verliert Vietnam aber seine eigenen Kultivare. Vietnam müsste auf dem Weltmarkt sichtbarer werden um für seine eigenen Tees werben zu können, anstatt nur Inkubator für fremde Teesorten zu sein.
Die schöne Heimat des Oolong: Überblick zur taiwanesischen Teegeschichte
Das heutige Taiwan ist in Europa seit der Eroberung durch Portugal als Ihla Formosa (schöne Insel) bekannt und hatte über Jahrhunderte eine vom Festland unabhängige Kultur entwickelt. Seit 1623 gehörte sie zum niederländischen Kolonialreich. Neben dem Export von Fellen brachten die Niederländer tausende Festland-Chinesen auf die Insel um die Zucker- und Reisproduktion zu erhöhen. Das subtropische Klima, die vulkanische Erde und die kultivierten Höhenlagen boten beste Voraussetzungen für gute Ernten. 1645 gab es die ersten Nachrichten von wilden Teebüschen auf der Insel.
1662 eroberte die chinesische Qing-Dynastie Taiwan, inkorporierte die Insel jedoch nicht in ihr Wirtschaftssystem und ignorierte sie generell für über 100 Jahre. Aus der Provinz Fujan wurden im 18. Jahrhundert die ersten gezüchteten Teepflanzen auf der Insel angesiedelt. Dies war nicht staatlich gelenkt und ging allein auf die Arbeitsmigranten des Festlandes zurück. Sie wollten einfach auch in der neuen Heimat ihren Tee wie zu Hause trinken. Es gab nun zwar Anfänge eines Teeanbaus, aber keine Produktion. Die kleinen Ernten wurden auf dem Festland verarbeitet. Berüchtigte Opiumschmuggler wie Jardine & Matheson waren auch im damals noch illegalen Handel mit Taiwan-Tee involviert.
Als nach dem Zweiten Opiumkrieg (1856 – 1860) die Häfen Danshui und Kaoshiung zwangsweise für den Westen geöffnet wurden, erkannte der Schotte John Dodd den möglichen Profit der dortigen Oolong Tees. Er investiere in die Teeproduktion vor Ort und zwanzig Jahre später besaß sein „Formosa Oolong“ in London und New York einen hervorragenden Ruf. Mit einer Jahresproduktion von 8.000 t löste Tee Zucker und Reis als wichtigste Agrargüter ab.
Das durch den Westen geschwächte China verlor Taiwan 1895 an Japan. Da Japan seinen Grüntee vor der Konkurrenz aus Taiwan schützen wollte, initiierte es mit der „Taiwanese Research and Extension Station“ die Teeforschung auf der Insel und etablierte eine Schwarzteeproduktion. Das Forschungsinstitut existiert noch immer und hat in den letzten 100 Jahren viele berühmte Teesorten entwickelt. Japan industrialisierte die Insel, legte Sümpfe trocken und erschuf so auch die berühmte Teeregion um den neu angelegten Nantou See. Wichtigste Abnehmer für diesen Schwarztee waren die Türkei und Russland. Japan warb weltweit auf Fachmessen für Tee aus Formosa und erhöhte dessen Bekanntheit.
Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte Taiwan wieder zu China. Dort kämpften Kommunisten (Mao Zedong) und Nationalisten (Chiang Kai-Shek) um die Regierungsmacht. 1949 siegten die Kommunisten und Chiang Kai-Shek floh mit seinen Anhängern nach Taiwan. Bis zum Ende des Kalten Krieges herrschten sie hier als Einparteien-Diktatur. Die Embargos des Westens auf China und seinen Tee beflügelten die taiwanesische Teeproduktion. Dies brach 1971 ein, als die Vereinigten Nationen China inklusive Taiwan als einen Staat China anerkannten. Mit dem Aufstreben Chinas und Japans auf dem Teemarkt in den 1980er Jahren besann sich Taiwan auf seine klassischen Oolongs und hat hier nach wie vor einen unerreichten guten Ruf. Zurzeit produziert Taiwan auf gut 20.000 ha Teeland auch etwa genauso viele Tonnen Tee, die zu rund 10 Prozent exportiert werden. Taiwanesen sind euphorische Teetrinker und so muss die Insel zusätzlich jährlich 30.000 t Tee aus Indien, Japan, Vietnam und China importieren.
Wilhelm III.
Wilhelm III. wurde als Inbegriff politischer und militärischer Genialität charakterisiert. Er regierte in den Niederlanden und England, auf dessen Thron ihn das Parlament 1689 berief. Der Oranier wurde zur Hauptfigur der Glorious Revolution von 1688/89, in der sich England endgültig vom Absolutismus verabschiedete und den Weg zur parlamentarischen Monarchie eröffnete. Als Statthalter der Niederlande führte er zudem den Kampf gegen Ludwig XIV. von Frankreich an. Unter ihm schrieben die Niederlande Weltgeschichte und prägten die Kultur des Abendlandes nachhaltig. Aber auf die Dauer mussten sie sich ihrem übermächtigen Nachbarn England, dem zweiten Königtum von Wilhelm, geschlagen geben.
Die Dynastie der Oranier leitet sich von dem kleinen Fürstentum Orange in der Provence ab. Die Niederlande, wozu damals auch das heutige Belgien gehörte, waren damals neben Böhmen die bevölkerungsreichste und fortschrittlichste Region Europas. Städte wie Amsterdam, Brügge, Gent oder Antwerpen waren Zentren der Wollmanufaktur und des Handels, die ein wohlhabendes Bürgertum entstehen ließen. Ihr Selbstbewusstsein und Streben nach Selbstständigkeit zielte auch mit ihrem Protestantismus gegen die Ansprüche der katholischen Habsburger.
Als mit dem protestantischen Bildersturm von 1566 der achtzigjährige Freiheitskampf der nördlichen Provinzen gegen Spanien begann, stellte sich Wilhelm I. auf ihre Seite. Als sie sich nach langen, blutigen Kämpfen 1581 zur Republik erklärten, wurde Wilhelm I. zum Statthalter gewählt. Kurz darauf wurde er ermordet. Als „Vater des Vaterlandes“ (und einer kaum überschaubaren Kinderschar mit vier Ehefrauen) ist er in die niederländische Geschichte eingegangen. Auch Wilhelms Sohn Moritz spielte im Befreiungskampf gegen das spanische Weltreich eine zentrale Rolle. Von 1590 an schuf er mit der Oranischen Heeresreform die militärischen Grundlagen für den späteren Sieg der Niederlande. Die finanziellen Mittel dazu stammten aus der städtisch geprägten Wirtschaft, in der Gewerbe und Dienstleistungen dominierten und die mit Besitzungen in der Karibik und Ostindien globalen Handel trieb.
Auf dieser Grundlage konnte die Republik der Sieben Vereinigten Provinzen der Niederlande schließlich im Westfälischen Frieden von 1648 ihre Unabhängigkeit erlangen. Der katholische Süden (Belgien) blieb habsburgisch. Der intellektuelle Esprit des Befreiungskampfes und die märchenhaften Reichtümer, die über die größte Handelsflotte der Welt ins Land strömten, begründeten nun das Goldene Zeitalter der Niederlande.
Die wichtigste Aufgabe des Statthalters war der Schutz der „wahren Religion“, also des reformierten Protestantismus, und des Oberbefehls im Kriege. Ihn zu führen, wurde denn auch die Aufgabe für Wilhelm III. Während England in mehreren Seekriegen die maritime Dominanz der Niederlande attackierte, griff Ludwig XIV. zu Lande an. Wie einst gegen die Spanier öffneten die Niederländer in ihrer Not die Deiche, um den Vormarsch der Franzosen zu stoppen.
1677 hatte Wilhelm die englische Königstochter Maria geheiratet. Als ihr Vater Jakob II. seine Rekatholisierungspolitik in England intensivierte, rief die englische Opposition den Oranier zur Hilfe. Im November 1688 landete Wilhelm auf der Insel, besiegte Jakob und wurde im Januar 1689 durch das Parlament zum König ernannt.
Bis zu seinem frühen Tod 1702 wurde Wilhelm III. (und damit England und die Niederlande) zum Zentrum des Widerstands gegen das Hegemoniestreben Ludwigs XIV. Niemand konnte nach ihm den schleichenden Niedergang der Niederlande aufhalten, deren Seemacht schließlich von England vernichtet wurde, bevor die Heere der Französischen Revolution sie überrannten.
Die kulturelle Bedeutung von Tee in der britisch-atlantischen Welt 1730-1750
Tee ist eigentlich nur ein Getränk. Aber es gelang ihm die politische, wirtschaftliche und sozio-kulturelle Landschaft der britisch dominierten Welt im 18. Jh. zu prägen. Für den Erfolg des Konsumismus, der sozialen Verortung aufgrund des Besitzes von bestimmten materiellen Gütern, war Tee ein wichtiger Faktor. Zuvor hatten Güter nur das Ziel die Bevölkerung zu ernähren und ihre Langlebigkeit wurde eher geschätzt als schnell wechselnde Moden. Die Oberschicht konnte sich im 18. Jh. durch das Vorhandensein von Zeit außerhalb von Arbeit (freie Zeit) mit eigenen kulturellen Riten von den unteren Schichten abtrennen ohne zum königlichen Hofstaat zu gehören. Verstädterung und Rückgang der Agrargesellschaft führten zur vertikalen sozialen Mobilität. Diese stellte man mit der entstehenden Massenproduktion von Gütern ebenso zur Schau wie durch exotische Waren. Der negative christliche Überschweif verwandelte sich in den positiv konnotierten Luxus. Die Kolonisten in den Amerikas versuchten den alten englischen Adel nachzueifern und ihr „Britischsein“ mit mehr Elan darzustellen als es in England selbst der Fall war.
Da Frauen Tee trinken durften (im anfänglichen Gegensatz zum Kaffee) etablierte es sich in der kolonialen Gemeinde, dass man sich gemeinsam zum Konsum des exotischen Tees traf und dank des Koffeins möglichst unterhaltsame Gespräche führte. Dies geschah zu Hause, im Privaten, also nicht mehr im öffentlichen Kaffeehaus. Höfliche Gespräche in vornehmer Atmosphäre waren das Klassensymbol der Oberschicht in der ersten Hälfte des 18. Jh. Alleine durch das Vorhandensein von Zeit zum Tee trinken und dem Getränk an sich zeigte man seinen Reichtum. Das wurde nach und nach durch immer filigranes Porzellan und Silberware verstärkt. Diese Exklusion der unteren Schichten kristallisierte sich im Teetisch. Das neue Möbelstück konnten sich arme Menschen nicht leisten. Kaum zu reden von den Teeservices die dort immer zur Schau standen. Da die ganze vornehme Familie Tee trinken durfte, war der Teetisch der Ort an dem Kinder lernten wie man sich benehmen sollte um seine gesellschaftliche Position zu festigten. Denn man musste nicht nur guten Tee und neuste Service haben, man musste die Gäste auch nach den unbeschriebenen Regeln der sozialen Klasse unterhalten können. Es war verpönt sich einer Unterhaltung zu entziehen oder gar ein Buch zu lesen. Da es von Alt und Jung sowie Mann und Frau getrunken wurde war es überaus modern. Tee wurde zu einem Vehikel um alte Moralvorstellungen in Vergessenheit geraten zu lassen.
Je mehr Tee angebaut und importiert wurde, desto mehr eiferten untere Schichten diesem Ideal der Tee trinkenden reichen Familie nach und beschleunigten damit die wirtschaftliche Macht der englischen Teeindustrie und finanzierten zu erheblichen Teilen die Erweiterung des britischen Empires in Asien.
Mehr: Shannon Fleming: Time for Tea: The Cultural Significance of Tea in the British Atlantic World 1730-1750, California Polytechnic State University, 2010.
Britischer Imperialismus und Teekulturen in Asien und Nordamerika
Der extrem steigende Import von China-Tee nach England (1780: 3 Mio. Tonnen; 1830: 30 Mio. Tonnen) drohte Britannien in eine defizitäre Handelsbilanz zu führen. Durch Schmuggel und Kriege um den illegalen Import von Opium lösten sie dieses Problem gewaltsam. Für die chinesische Staatsräson und Wirtschaft spielte vor diesen katastrophalen Folgen der Handel mit den westlichen Nationen übrigens keine nennenswerte Rolle. Im 18. Jh. bezahlten Engländer den Tee in China erst mit süd-amerikanischem Silber, dann mit Baumwolle und letztlich mit Opium. Fast 80 % der Handelskosten konnten durch diesen interkolonialen Handel abgedeckt werden. Nach dem Verlust des Handelsmonopols der EIC mit China setzte diese in Indien ein Produktionsmonopol durch und etablierte in der zweiten Hälfte des 19. Jh. eine britisch kontrollierte Teeindustrie.
Die englischen Emigranten nahmen, wie zuvor die niederländischen Siedler, den Tee mit in die neuen Kolonien und versuchten durch treues Beibehalten von Teetrinken sich selbst immer wieder ihres „Britschsein“ zu versichern. Oft waren Teeservices die ersten Gegenstände die für das neue Haus in den Kolonien gekauft wurden. Tee war essentiell für die damalige koloniale Kultur. Bewohner der Kolonien mussten ab 1721 ihren Tee über die EIC importieren. Der direkte Handel mit Asien war verboten worden. Dies erhöhte die Einnahmen der Kolonialbehörde enorm. Interdependent mit Tee explodierte in Britannien auch der Zuckerkonsum.
In den USA sorgte die Unabhängigkeit für ein kurzes Intermezzo von fallendem Teekonsum. Spätestens nach dem Tod der Erlebnisgeneration stieg der Teekonsum wieder an. Mit der politischen Annäherung von USA und GB gegen Ende des 19. Jh. war es durchaus ein politisches Statement „englischen Schwarztee“ anstatt chinesischen Grüntee zu trinken.
In Kanada blieb der Teekonsum auch nach der Gründung der Föderation 1867 hoch. Auch hier finanzierten die Teetrinker weiterhin das britische Reich. Die Bedeutung von Tee symbolisiert bspw. dass mit den Feiern zu Queen Victorias Geburtstag (24.05) die Social Season begann. Überdies war es für die soziale Verortung der Damen in ihrer Gemeinde wichtig guten Teegeschmack und Services zu besitzen. Die politische Bedeutung von Teekonsum flackerte während des Buren-Krieges (1899-1902) wieder auf, da man durch vermehrten „India-Tea“ Konsum die britische Armee finanzieren konnte.
Die Kolonisten Nord-Amerikas, Australien und Neu-Seeland hatten einen höheren Pro-Kopf-Verbrauch von Tee als Menschen im Mutterland und befeuerten mit ihrem Teekonsum selbst nach der Souveränität die Expansion bzw. den Erhalt des Kolonialreiches.
Abschließender Fun Fact: In England wurde Tee anfangs nur ausgeschenkt und nach Gallonen besteuert. 1689 folgte die Umstellung auf Verkauf und Versteuerung von trockener Blattmasse. Thomas Garway, Londoner Pionier der Teewerbung, soll auch hier führend agiert haben.
Mehr: Sydney Cunliffe: British Imperialism and Tea Culture in Asia and North America, 1650-1950, McGill University, 2011.
Beginn des Teeanbaus in Assam
Im Februar 1834, nach dem Handelsmonopolverlust mit China, gründete die EIC eine Kommission um die Böden und das Klima in Indien auf möglichen Teeanbau zu prüfen. Ferner wurde überlegt wie man chinesische Teepflanzen importiert. Generell wurde zwischen den „wilden“ Pflanzen in Assam und den „edlen“ aus China unterschieden. Was hiervon für guten indischen Tee geeignet war, konstituierte einen jahrzehntelangen Streit der Botaniker. Die Entwicklung in Assam, von der ersten Entdeckung der Teepflanzen über die Hindernisse auf dem Weg zu einer Teeindustrie, wurde in England tagesaktuell verfolgt. Bereits 1839 orakelten einige Zeitungen, dass Assam-Tee das gesamte britische Empire verändern wird. Der Traum, Assam in einen großen Teegarten zu verwandeln, sollte Wirklichkeit werden. Für Indien war es ein Albtraum.
1838 veröffentlichte einer der Entdecker des Assam-Tees, Robert Bruce, wie sein „Chinaman“ Tee herstellte (An Account of Manufacture of Black Tea as Now Practised at Suddeya in Upper Assam). Der Import von chinesischen Teebauern gilt heute als das erste Beispiel für zwanghaften Wissenstransfer einer alten Zivilisation zu einer modernen Kolonie. Die in der ersten Zeit hochbezahlten chinesischen Facharbeiter wurden fast alle schnell Opfer des kolonialen Gewaltregimes oder der Singpho, die in ihnen Helfers Helfer der Briten sahen. Den Singpho (der dominierenden Ethnie in Assam) wurde Teeanbau nicht zugetraut und diese wehrten sich auch gegen die englische Okkupation. Ihr Assam-Urwald wurde vermessen und einheitlich in Plantagenland aufgeteilt. Ihre Besitzansprüche wurden ignoriert.
In den 1830er und 1840er wurden nun hunderte experimenteller Teeplantagen gegründet. Neben dem rein technischen Vorgang Tee zu produzieren, musste auch erprobt werden wie es zu organisieren war, wie Land und Leute eingeteilt werden mussten und welche Arbeitsprozesse effizient waren. Das Anheuern von Tagelöhner zeigte sich als nutzlos, da man Erfahrung und Geschick brauchte um Tee zu ernten. Ohne feste Arbeiter die an die Plantage gebunden werden, war es laut Bruce nicht möglich Tee zu kultivieren. Die EIC entschloss sich, nicht jede Plantage selbst zu betreiben, sondern das Land was sie als Ihren Besitz deklarierte an private Investoren zu verkaufen. Eine Idee war auch, dass man nur die Fabriken besitzt und die Bauern selbst pflücken lässt. Dies wurde aber zugunsten einer streng regulierten Arbeiterschaft verworfen. Die in Konkurrenz zu den Singpho stehende Ethnie der Kachari war in der ersten Zeit für Arbeit auf den Plantage zu gewinnen und erhoffte sich durch die Kooperation mit den Briten ein Überleben oder gar Vorteile gegenüber den Singpho. Da die Plantagen untereinander kaum Anschluss hatten und eher weit verteilte Lichtungen im Urwald waren, mussten dortige Arbeiter selbst Nahrung anbauen. Land wurde in weitaus größerem Maße für Tee nutzbar gemacht als geerntet werden konnte, sodass in den ersten Jahren der 1850er Jahre der Mangel an Arbeiter*innen zum Hauptproblem wurde. Streiks der Kachari, die mit der Zeit immer „unwilliger“ wurden, schlugen Polizei und Militär nieder.
Um die Bevölkerung von Assam zu Plantagenarbeiter*innen zu transformieren, wurden ihnen eigenständige agrarische Tätigkeiten immer mehr versagt, sodass sie bald nur noch Geld durch Arbeit auf Plantage verdienen konnten. Da auch dies keinen zu großen Erfolg hatte, ordnete der Gouverneur an, dass man Teeplantagen wie die Zuckerfarmen in Mauritius mit Zwangsarbeitern aus der Fremde versorgen sollte. 1859 gründete Teepflanzer eine Organisation mit dem Ziel die Beschaffung von bengalischen Arbeiter*innen zu bündeln. Die importierten Bengalen kamen aus verschiedenen regionalen und sozialen Strukturen. Im Laufe der 1860er wurde das Arbeiterregiment strenger geführt und die bengalischen Fremdarbeiter wurden zu Zwangsarbeitern degradiert.
Mehr: Nitin Varma: Coolies of Capitalism. Assam Tea and the Making of Coolie Labour, De Gruyter Oldenbourg, 2016.